Es gibt Geschichten die kann man nicht erfinden. Das Leben selbst schreibt manchmal die schrillsten oder emotional interessantesten Stories. Dies ist so eine.
Als im Jahr 1923 der Alfa Romeo Rennfahrer Ugo Sivocci vor dem Start zum legendären Targa Florio Rennen auf Sizilien die 13 als Startnummer zog, fühlte er sich, abergläubisch wie viel Rennfahrer sind, äußerst unbehaglich. Seine Mechaniker wollten das böse Omen vertreiben und malten ihm ein grünes, vierblättriges Kleeblatt, das „Quadrifoglio Verde“ als Glücksbringer auf die Motorhaube seines Alfa Romeo RLS TF 3.2.
Wie sollte es anders sein, Sivocci gewann das Rennen und markierte damit den ersten Gesamtsieg von Alfa Romeo bei der Targa Florio.
Fortan tragen auch alle anderen Alfa Werksrennwagen dieses Glückssymbol des grünen Kleeblatts auf einer weißen Raute. Die vier Ecken des Kleeblatts stehen für die vier Alfa-Werksrennfahrer Ascari, Campari, Masetti und eben Sivocci. Und dann passiert etwas, was am dramaturgischen Ablauf kaum zu überbieten ist.
Sivocci trainiert am 8. September 1923 mit dem brandneuen Alfa P1, der erste Alfa der eigens für Wettbewerbe entwickelt wurde, auf der neuen Rennstrecke in Monza, die erst ein Jahr zuvor nur 20km vom Alfa-Werk eröffnet wurde. Sivocci bestand zwar darauf „sein“ Kleeblatt sofort auf den Wagen zu malen, obwohl er die Startnummer 17 hatte und nicht 13, aber aus Zeitgründen sollte das Kleeblatt erst nach dem Training aufgebracht werden.
Ob es wirklich an der Mystik des Quadrifoglio Verde lag oder an der nassen Strecke, es wird sich nie ganz klären lassen. In einer Kurve, die später einmal „Ascari-Kurve“ heißen wird, fliegt Sivocci mit überhöhter Geschwindigkeit raus und verunglückt tödlich. Alfa Romeo sagte daraufhin die Teilnahme am Rennen ab und beendete sofort die komplette Saison, was auch das direkte Ende des P1 bedeutete. Ein trauriger und entscheidender Moment, nicht nur in der Alfa Romeo Rennsport-Geschichte.
Aus Respekt und als Zeichen dafür, dass Ugo Sivocci für Alfa unersetzbar ist, wurde aus dem grünen Kleeblatt auf der weißen Raute mit ihren vier Ecken, ein weißes Dreieck. Und die Startnummer 17 ist seitdem nie mehr an italienische Rennwagen vergeben worden.
Das „Quadrifoglio Verde“ entwickelt sich fortan zum Markenzeichen für sportliche Alfa Romeo Modelle. Der frühere Werksrennstall „Corse“ und die Rennwagenabteilung „Autodelta“ tragen ebenfalls dazu bei, dass das grüne Kleeblatt immer mehr an Popularität gewinnt.
Und nun, 90 Jahre später, kann, nein, darf ich diesen Mythos selber spüren. Mit der Presseabteilung von Alfa Romeo Deutschland fliege ich nach Sizilien um einen aktuellen Alfa mit Quadrifoglio Emblem zu pilotieren. Es soll die 235 PS starke Giulietta QV Version sein. Nun gut, das allein mag nicht zu ekstatischen Körperzuckungen führen, zumal die Giulietta QV äußerlich recht zivil daherkommt, aber ich fahre die „Quadrifoglio Verde“-Version auf der legendären original Targa Florio Strecke und starte meine Rundreise am historischen Start/Ziel-Gebäude in Cerde.
Ausgestattet mit Strecken-Tipps von einem der Größten der italienischen Rennfahrer und einer wahren Targa Florio Legende: Nino Vaccarella.
Als ich 1970 geboren wurde, donnerte er im Ferrari 512S, einem reinrassigen Rennsportwagen, für die Targa mit „Prova“-Nummernschild ausgestattet, schon über die Strecke. Hier beginnt das emotionale Erlebnis, wobei ich nicht sicher bin, ob meine emotionale Ehrfurcht von dem QV-Mythos, Nino Vaccarella oder der Targa mit ihren rund 900 Kurven, deren Abfolge ich mir nicht über Nacht einprägen konnte, herrührt.
So steige ich in einen der rund 20 Giulietta QV die in den Alfa-QV-Farben rot, weiß und schwarz bereit stehen. Mein Beifahrer krallt sich das Roadbook auf dem markante Stellen der Strecke vermerkt sind. „Wir haben nur die echt übelsten Sprünge und Löcher im Straßenbelag vermerkt“, ruft mir Sascha Wolfinger, Pressesprecher Alfa Romeo Deutschland noch zu. Allerdings krachen wir nach schon nach rund 25 Kilometern, als wir uns bereits auf dem Parcours in die Hochebene befinden, in ein Schlagloch, das eher einer Gletscherspalte gleichkommt. Mein Co-Pilot blättert hektisch im Roadbook und findet keinen Eintrag. Haben wir uns verfahren? Ach nein, stimmt, nur die „echt üblen“ Stellen sind ja vermerkt. Die serienmäßigen 17-Zoll-Aluminium-Felgen und das um 15 Millimeter tiefergelegte Fahrwerk nehmen die gesamte Streckenführung ausgesprochen entspannt an.
Wir bewegen den Schalter des Alfa eigenen „DNA“-Systems auf „Dynamic“, die anderen beiden Optionen „Natural“ und „All Weather“ kommen bei diesem Einsatz nicht in Frage.
Der 1.8 Liter Turbo-Benziner liefert seine 340 Nm zwar schon bei 1.900 U/Min., hängt aber nicht so forsch am Gas. Hier würden wir uns etwas mehr Spritzigkeit wünschen, dennoch macht die QV-Version richtig Laune. In 6,8 Sekunden spurten wir auf 100 km/h und der Vortrieb will erst bei 242 km/h enden. Damit ist man im Alltagsverkehr flott motorisiert. Richtig Freude bereitet uns die präzise Lenkung. Zu jedem Zeitpunkt vermittelt sie einen perfekten Kontakt zur Fahrbahn. Die ideale Ergänzung zu den gut konturierten Ledersitzen.
Auch wenn wir den noch heute existierenden Rundenrekord von 33:41 Minuten, aufgestellt 1972 vom heutigen Red Bull und Sebastian Vettel Berater Dr. Helmut Marko auf einem Alfa Romeo, nicht unterbieten können, macht die Ausfahrt im Giulietta QV richtig Laune. Nicht nur wegen dem Stopp im privaten Targa Florio Museum.
Der QV steht mit 29.250 Euro in der Preisliste. Sicherlich eine stolze Summe für eine Giulietta die in normaler Konfiguration bereits ab 19.250 Euro startet. Auf der anderen Seite gibt es kaum eine günstigere Möglichkeit, einen solchen Mythos zu „erfahren“.
Text: Bernd Schweickard
Foto: Bernd Schweickard