Amore Bella Ragazza: Ausfahrt im Alfa Romeo Giulia Quadrifoglio

Herz über Kopf!

 

Antonella, Francesca, Sofia, alles hübsche italienische Frauennamen, doch für viele heißt die wahre italienische Liebe Alfa Romeo. Und mit der hübschen Giulia hat der traditionsreiche Autobauer wieder ein ganz fesches Modell in den Showräumen der Händler stehen. Wobei der Mythos Alfa Romeo nicht nur auf der Historie besonders schön designter Automobile beruht. Dies zweifelsohne, aber auch Power und motorsportliche Erfolge verbindet man mit Alfa. Der schöne und erfolgreiche Alfa Romeo Tipo 33 mit dem man die Sportwagen- und Marken-Weltmeisterschaft 1975 gewann. Oder der Alfa Romeo 155, der Großvater der heutigen Giulia, mit dem Nicola Larini 1993 in der Deutsche Tourenwagen Meisterschaft (DTM) triumphierte

 

„Wenn das Herz so pocht wie das Blubbern aus den vier Endrohren!“

Das Quadrifoglio Emblem – born for the streets

So wundert es nicht, dass die Milaneser Manager den etwas verblassten Ruf der italienischen Sportmarke, auch wieder mit einem richtigen Topmodell zu neuem Glanz verhelfen wollen. So sitzt unter der gegenüber der normalen Giulia leicht aufgeblasenen Front und Haube mit ihren Kühlluftschlitzen, kein Motor. Dort sitzt das, was Auto Aficionados ein Triebwerk nennen. Und das kommt von Ferrari. Fast wie in alten Tagen, als das Ferrari Signet noch auf der Motorhaube des Alfa Romeo P3 aus dem Jahr 1934 prangte, ist diese Verbindung wieder reanimiert worden.

So schlägt in der Top-Giulia der aus dem Ferrari California bekannte V8 Motor, allerdings mit zwei Zylindern weniger. Die sind aber kein Verlust, eher dass Gegenteil. Der 2.9 Liter 90-Grad V6 Aluminium Motor ist noch leichter geworden und liefert stolze 600 Nm ab. Vorne drücken zwei Turbolader so viel Sauerstoff in die Brennräume, dass aus den vier dicken Endrohren das Ergebnis von 510 PS wieder rausgeblasen wird. Und das hört man. Auch als der Alfa Romeo Überführungsfahrer mit der Guilia QV auf unseren Redaktionsparkplatz rollt.

 

„Die Alfa Romeo Giulia QV verwandelt Blut in Adrenalin!“

 

Die Sonne scheint und diese Giulia QV lässt unser Blut durch die Adern schießen, dass so rot ist wie der funkelnde Lack in „Rosso Competizione“. Unsere Augen fixieren das Kleeblatt das seit über 90 Jahren an den Flanken der sportlichsten Alfas prangt und italienisch übersetzt als „Quadrifoglio“ noch intensiver klingt.

Innen fallen wir förmlich in die ergonomisch perfekt ausgeformten Leder-Alcantara Schalensitze, die zur Gewichtsreduktion eine Hülle aus echtem Sichtcarbon tragen. Im Vergleich zur Konkurrenz werden wir von wenigen Schaltern und Knöpfen belästigt. Klar, ein Alfa Romeo ist eine Fahrmaschine und kein Entertainment Künstler. Respektive, Entertainment kommt hier nicht aus der Soundanlage, sondern von hinten. Dann, wenn wir den knallroten Startknopf am Lenkrad drücken und bei diesem Modell mit Sechsgang-Handschaltung den ersten Gang einlegen. Nur noch den Fahrdynamikschalter auf „d“ stellen und das dunkle metallische, kraftvolle Brummen durch die vier Endrohre zu uns durchdringt. Natürlich unverfälscht weil wir die Seitenscheiben heruntergelassen haben. Sound-Entertainment pur! Wir fühlen uns anders als in anderen potenten Sportlern. In der ausschließlich mit Heckantrieb lieferbaren Alfa Romeo Quadrifoglio zirkeln wir über die Landstraßen des Taunus, flott, aber weit entfernt von dem, was die bis zu 307 km/h schnelle Giulia QV könnte. Dazu muss man nicht einmal den Fahrmodi-Schalter auf Race stellen. In 3,9 Sekunden könnten wir auf 100 km/h sein steht in den Papieren. In der Realität sind diese Zahlen nicht relevant. Hier zählt einfach nur das emotionale Gefühl. Und das ist gut. Die Lenkung ist direkt wie in einem Tourenwagen und bei schneller Kurvenfahrt öffnet sich automatisch ein aktiver Carbon-Front-Spoiler, der mittels erhöhtem Anpressdruck an der Vorderachse, die Giulia QV sicher um die Ecke fahren lässt, wie ein Profi-Standardtänzer seine Partnerin führt.

Aluminium, Carbon, ein Premium Materialmix für alles was mit Technik und Karosserie zu tun hat. Im Innenraum hat man nur leider die Insassen vergessen und so sitzen wir in einer Melange aus hochwertigem Alcantara, kombiniert mit billigen Plastikknöpfen.

 

„Die Giulia ist ein Auto für die Sinne, nicht für den Kopf!“

 

Machen wir uns nichts vor. Alleine der Name Alfa Romeo, langsam und betont ausgesprochen, dass ist wie viraler Sex. Ein Audi RS, AMG Mercedes Benz, ja, selbst ein BMW M die auch für emotionale Nähe stehen, alle verblassen vor dieser italienischen Emotionalität. Andererseits, muss man sagen, die deutschen Premium-Hersteller können in dieser gehobenen Preisklasse, eine Giulia QV beginnt bei 72.800 Euro, halt alles ein wenig besser. Zumindest wenn man „besser“ im Sinne von Verarbeitung, Haptik und Detaillösungen sieht. Da klappert kein Gurtschloss an der Carbonhülle des Sitzes, die Türverkleidung fühlt sich im unteren Bereich nicht an wie in einem Modell der Kompaktklasse und die visuelle Darstellung des Navigationssystems ist auch nicht mehr aus den Anfängen des Milleniums. Aber möchte man nur eine Kopie des perfekten Sachlichen? Nein! Denn „besser“ ist natürlich auch eine subjektive individuelle Empfindung und Alfa Romeo geht hier bewusst einen anderen Weg und der ist gut. Für riesige Stückzahlen ist dieses Topmodell auch gar nicht ausgelegt und macht auch keinen Sinn. Aber für Fans, für Menschen die Emotionen leben wollen und mehr mit dem Bauch als mit dem Kopf entscheiden, kann dieser Alfa Romeo das absolut perfekte Automobil sein.

Grazie Mille, Giulia QV

 

Text: Bernd Schweickard

© Foto: Bernd Schweickard