Den Start in die Oldtimer Messesaison macht seit Jahren die Bremen Classic Motorshow im Norden Deutschlands. Bei eisigen Außentemperaturen geht es in den Hallen wärmer zu, insbesondere bei den Exponaten der Sonderschau „Italienische Eleganz“ in Halle 5.
Seltene Fahrzeuge aus privater Sammlerhand konnten bestaunt werden, die selbst auf Oldtimertreffen nur schwer zu finden sind. Fiat, Abarth, Lancia, Ferrari, die wohlklingenden Namen der 50er/60er/70er standen nun an der Weser.
Das Museo Storico von Alfa Romeo im Mailänder Vorort Arese, das nach gründlicher Renovierung ab Sommer 2015 wieder geöffnet hat, schickt drei sportliche Coupés zur Bremen Classic Motorshow. Aus dem Designstudio von Giuseppe „Nuccio“ Bertone, hauptsächlich gezeichnet vom heute selbst weltberühmten Franco Scaglione, stammen der nur zwei Mal gebaute Alfa Romeo 2000 Sportiva (1954) und der futuristische Alfa Romeo Giulia Sprint Speciale (1963). In der für ihre Leichtbau-Rennwagen bekannten Carrozzeria Zagato entstand der Alfa Romeo Giulietta SZ (1960), der in der Sonderausstellung „Italienische Eleganz“ in der selteneren Karosserievariante mit aerodynamisch optimiertem Kamm-Heck („coda tronca“) zu bewundern ist.
Ein nur ein einziges Mal gefertigtes Modell präsentiert das Turiner Centro Storico Fiat auf der Bremen Classic Motorshow – ein Fiat 8V mit Kunststoff-Karosserie. Die auf dem Turiner Automobilsalon 1954 gezeigte Studie demonstrierte die Kompetenz der hauseigenen „Carrozzerie Speciali“ beim Umgang mit dem zu dieser Zeit revolutionären Werkstoff. Positiver Nebeneffekt: Das Einsatzgewicht des bei Sportwagen-Rennen wie der Mille Miglia erfolgreichen Achtzylinder-Coupés wurde noch weiter gesenkt.
Während der Classic Days auf Schloss Dyck hatten wir die Gelegenheit für eine exklusive Fahrt mit dieser Rarität. Hier gehts zur Story und Fotos!
Infos zu den Werks-Fahrzeugen:
Alfa Romeo 2000 Sportiva (1954) / Design: Bertone
Vierzylinder-Reihenmotor mit zwei obenliegenden Nockenwellen; 1.997 cm3; 138 PS bei 6.500 min-1; Höchstgeschwindigkeit 220 km/h.
Franco Scaglione, der später weltberühmte Designer, stufte eine seiner ersten Arbeiten für Bertone einmal als seine Beste ein – den Alfa Romeo 2000 Sportiva. Scaglione, der ungefähr zur gleichen Zeit mit den so genannten B.A.T-Mobilen auf Basis des Alfa Romeo 1900 für Furore sorgte, erhielt die Aufgabe, auf dem gleichen Chassis einen Rennwagen für die Sportwagen-Kategorie zu entwerfen.
Scaglione, der später auch Alfa Romeo Giulietta Sprint und den legendären Alfa Romeo 33 Stradale zeichnete, legte zwei Karosserievarianten vor, das zweisitzige Coupé 2000 Sportiva und den offenen 1900 Sport Spider. Mit nur knapp über 900 Kilogramm Leergewicht und kurzem Radstand ist der Tipo 2000 Sportiva ein sehr agiles Fahrzeug. Die tragende Struktur wird von einem Gitterrohrrahmen gebildet. Der ursprüngliche 1900er Motor wurde auf knapp zwei Liter Hubraum aufgebohrt und weist hemisphärisch geformte Brennräume auf. Er leistet 138 PS, genug für eine Höchstgeschwindigkeit von 220 km/h.
Beim Fahrwerk hatten die Alfa Romeo Ingenieure Rennerfolge im Visier. Vorne setzten sie auf Dreiecksquerlenker mit Schraubenfedern, die Hinterachse ist nach dem DeDion-Prinzip gebaut. Sie trägt außerdem das Fünfgang-Getriebe (Transaxle). Diese Anordnung tauchte in ähnlicher Weise auch bei den erfolgreichen Formel-1-Autos von Alfa Romeo auf.
Vom Coupé des Alfa Romeo 2000 Sportiva wurden nur zwei Stück gebaut. Ein Metallic-Grau lackiertes Exemplar ist im Besitz des Alfa Romeo Museums, ein zweites in Rot gehört einem Sammler.
Alfa Romeo Giulietta SZ „coda tronca“ (1960) / Design: Zagato
Vierzylinder-Reihenmotor mit zwei obenliegenden Nockenwellen; 1.290 cm3; 100 PS bei 6.500 min-1; Höchstgeschwindigkeit 200 km/h.
Mit der Giulietta landete Alfa Romeo Mitte der 1950er Jahre einen Volltreffer. Der Motor verkörperte Rennsport-Technologie. Zwei obenliegende Nockenwellen sowie Motorblock und Zylinderkopf aus Aluminium waren zu dieser Zeit bei Serienfahrzeugen eine Seltenheit. Während der Alfa Romeo Giulietta als Limousine, Coupé (Design Bertone) und sogar als Spider (Design Pininfarina) in den seriennahen Klassen im Tourenwagensport erfolgreich war, hatte Designer Zagato die Sportwagen-Kategorie im Visier. Er entwarf für ein bei der Mille Miglia verunfalltes Coupé eine noch enger anliegende Aluminium-Haut mit rundlichen Formen, teilweise getragen von einem Gitterrohrrahmen.
Das äußerst leichtgewichtige und wendige Coupé rief andere Motorsportler auf den Plan, die ebenfalls ein Exemplar haben wollten. Zagato entschloss sich für eine Kleinserie. Der Name des Renners: Sprint Zagato, abgekürzt SZ.
Einer Variante mit sehr kurzen Karosserieüberhängen (italienisch „coda tonda“) folgte eine zweite mit flacher Schnauze und verlängertem, steil abreißendem Heck („coda tronca“) nach dem Prinzip von Aerodynamik-Pionier Wunibald Kamm. Mit dem auf 840 Kilogramm gesenkten Gewicht hatte der auf 100 PS leistungsgesteigerte 1,3-Liter-Motor leichtes Spiel: rund 200 km/h waren möglich. Alfa Romeo beherrschte mit der Giulietta SZ in den Saisons 1962 und 1963 die 1300-Kubikzentimer-Kategorie bei Sportwagen-Rennen. Von der Kamm-Heck-Variante wurden nur etwa 30 Exemplare gebaut, eines davon ist heute im Besitz des Museo Storico Alfa Romeo.
Alfa Romeo Giulia Sprint Speciale (1963) / Design: Bertone
Vierzylinder-Reihenmotor mit zwei obenliegenden Nockenwellen; 1.570 cm3; 112 PS bei 6.500 min-1; Höchstgeschwindigkeit 200 km/h.
Von Bertone-Chefdesigner Franco Scaglione stammt auch der Alfa Romeo Giulietta Sprint Speciale. Das auf 2.250 Millimeter verkürzte Chassis trägt eine extrem stromlinienförmige Karosserie. Sie ist zwölf Zentimeter breiter und 14 Zentimeter länger als das serienmäßige Coupé und hat ein steiler abfallendes Heck. Durch den Wechsel vom 1,3-Liter-Motor auf die Variante mit 1,6 Liter Hubraum wurde daraus 1963 die ansonsten technisch weitgehend identische Giulia Sprint Speciale.
Die vergleichsweise langen Karosserieüberhänge über Vorder- und Hinterachse beeinträchtigen allerdings die Handlichkeit. Zwar ermöglichte das 112 PS starke Triebwerk eine beeindruckende Höchstgeschwindigkeit von 191 km/h. Allerdings ist das mit 1.025 Kilogramm Leergewicht relativ schwere Coupé für Autobahnfahrten deutlich besser geeignet als für kurvenreiche Rennstrecken. Nicht ohne Grund wurde es von Alfa Romeo als vergleichsweise luxuriöser Gran-Turismo für Langstreckenfahrten positioniert. Rund 1.400 Stück wurden bei Bertone gebaut.
Fiat 8V (1954) / Design: Fiat
Achtzylinder-V-Motor mit zwei obenliegenden Nockenwellen; 1.996 cm3; 127 PS bei 6.500 min-1; Höchstgeschwindigkeit 190 km/h.
Auf Basis des ohnehin nur in kleiner Auflage gebauten Coupé Fiat 8V stellte die Marke auf dem Turiner Autosalon 1954 eine Studie vor, deren Karosserie aus dem zu dieser Zeit revolutionären Material Fiberglass gefertigt wurde. Es setzte gewissermaßen den Schlusspunkt unter die kurze Karriere des bis heute einzigen Straßensportwagens von Fiat mit Achtzylinder-Triebwerk.
Das Coupé 8V war indirekt das Resultat von Überlegungen seitens Fiat, im Luxussegment Fuß zu fassen. Dazu benötigte man selbstverständlich einen Achtzylinder-Motor. Technikdirektor Dante Giacosa, einige Jahre später auch Konstrukteur des Fiat 500, setzte dazu zwei vorhandene Vierzylinder-Blöcke im 70-Grad-Winkel auf ein gemeinsames Kurbelgehäuse – fertig war der „otto vu“. Das Luxuslimousinen-Projekt wurde zwar nicht verwirklicht, doch der Motor erlebte im Sportcoupé 8V eine zweite Karriere. Er passte perfekt in die Anfang der 1950er Jahre in Italien beliebte Zweiliter-Kategorie bei Sportwagen-Rennen wie der Mille Miglia.
Der 1952 präsentierte Fiat 8V hatte als erstes Modell der Marke ringsum Einzelradaufhängung. Wie zu der Zeit üblich, steckte unter der Karosserie ein Rahmen. Neben den im Werk handmontierten Exemplaren, die eine vom hauseigenen Stylisten Fabio Luigi Rapi entworfene Karosserie erhielten, konnten so viele der insgesamt nur 114 gebauten Stück bei den renommierten Designstudios entstehen. Unter anderem Zagato, Vignale, Siata und Ghia fertigten eigene Entwürfe. Das Einzelstück mit der Kunststoffkarosserie steht heute im Centro Storico Fiat in Turin.
(c) Alexander Beyer