Ende der 80er Jahre als sich endlich der 18. Geburtstag und der lang ersehnte Führerschein näherte, fragte mich mein Vater welches Auto ich denn zum Start haben möchte. Nicht weil er mir eines schenken wollte, es war eher eine rethorische Frage. Und obwohl es auch damals schon eine ganze Menge Autos gab, sprudelte spontan aus mir heraus, ein Alfa Romeo solle es sein, der kantig schnittige „GTV6 2.5“. Oder doch „zumindest“ ein Sprint 2.0 solle dabei herausspringen, wenn ich schon so gefragt werde.
Ferrari, Maserati, Porsche, alles Traumwagen, aber so ein Alfa, der war doch irgendwie in Sichtweite. Zumindest sah ich das so, mein Vater leider nicht, so kam ein biederer Opel und meine gewünschte Liaison mit einem sportlichen Alfa Coupe sollte gut 25 weitere Jahre dauern, bis zu diesem sonnigen Tag am Hockenheimring.
Der 4C soll nun das machen, was früher einmal in einem Alfa Romeo 75 Turbo Prospekt stand: „Die Maschine die Blut in Adrenalin verwandelt“. Er ist das neue emotionale Aushängeschild für die Marke, die auf neue Modelle leider noch länger warten muss. Nur der hübsche Mito und die geschichtsträchtige Giulietta sind nun zum Modelljahr 2014 frisch aufgewertet worden. Das ist schön, aber auch für den umkämpften Automobilmarkt nicht genug, versichert uns auch Alfa Romeo Deutschland Pressesprecher Sascha Wolfinger. Man kann spüren wie er diese Marke lebt und nicht nur den zahlreichen Alfa Fans ein größeres Portfolio anbieten möchte. Planungen sind wohl da, aber wie alle Alfisti müssen wir uns gedulden.
Nun stehen wir erstmal in der Boxengasse und nach gefühlten 100 Messeauftritten hinter Absperrbändern entern wird der 4C endlich geentert. Saugend rutschen wir in den sehr dünnen Schalensitz der erstaunlicherweise ausgesprochen bequem ist. Ein karges Interieur empfängt uns und erinnert im weitesten Sinn an das karge Innenleben eines Alfa 33 Sportprototyp aus Anfang der 70er Jahre. Manche „Gentleman-Driver“ wünschen sich hier unter Umständen etwas Alcantara oder zumindest Leder. Dieser Personenkreis hat das Konzept des 4C allerdings nicht verstanden. Schön das Alfa Romeo das in allen Punkten so linear durchgezogen hat und sich vom Mainstream nicht verweichlichen lies.
Auf dem Papier mögen die reinen Daten von 240 PS und einer Vmax von 258 km/h jetzt nicht unbedingt ungewöhnlich wirken. In der heutigen Zeit der Übermotorisierung fast schon Normwerte eines Kompaktwagens, fühlen sich diese nach Drücken des Startknopfes ganz anders an.
Wir fahren ein Modell das in unschuldigem weiß lackiert ist und dafür mit der optionalen Sportauspuffanlage ausgestattet wurde. In 4,5 Sekunden könnte der Sprint auf 100 km/h abgeschlossen sein, jedoch rollen wir softer aus der Boxengasse Richtung Rennstrecke. Christian Menzel, mehrfacher Meister im Porsche Carrera Cup und bekennender Alfa 4C Fan macht die Pace. Nach der zweiten Kurve fühlen wir uns im 4C so wohl, als hätten wir nie ein anderes Auto bewegt. Das kann daran liegen, dass der 4c sich um den Fahrer schmiegt, wie ein Spandexsuit an ein sogenanntes Boxenluder. Heute sind zum Glück keine da, so konzentrieren wir uns auf das bei Maserati gebaute und für Straßen zugelassene Renngerät.
Die 970 kg leichte Fahrmaschine lässt sich genial beherrschen, wir fliegen auf die Eingangskurve zum Motodrom zu, drücken mit viel Kraft in die Bremse rein, schalten per Paddel das Doppelkuplungsgetriebe 3 Etagen runter, bääm, bääm, bow, ein Zwischengas-Fehlzündungs-Stakkato beginnt und macht uns high. Das unten abgeflachte Lenkrad der nicht servounterstützten Lenkung hart nach rechts und über die Curbs geräubert. Der 4C ist so flach das die Fahrt darüber den Wagen richtig anhebt. Aber kein nervöses Zucken oder Schlingern, der 4C hält brav die Spur, trotz eingeschaltetem „Race“-Modus. Dieser wurde speziell für den 4C in den „Alfa-DNA“ genannte Fahrmodusschalter integriert und schaltet das ESP aus.
Zudem fühlen wir uns in dem Kohlefaser-Chassis recht sicher. Ein weiteres Bauteil welches sich, neben den Spurtqualitäten, sonst nur im 6-stelligen Sportwagenbereich zu finden ist. So ist auch dieser Alfa wieder in „Sichtweite“, wäre da nicht diese Limitierung von 3.500 Einheiten im Jahr, wovon nur rund 350 nach Deutschland kommen sollen.
Text: Bernd Schweickard
Foto: Bernd Schweickard
Video: YouTube/Alfa Romeo Deutschland