Er mag im ersten Moment nicht so aussehen, aber der allererste Passat war für Volkswagen nicht nur der Schritt in die Moderne, sondern vielmehr eine Revolution.
Anfang der 70er Jahre lag noch zu sehr der Duft des übermächtigen Käfers über dem VW Produkt-Portfolio. Seine größeren Brüder, der VW 1600 und der 411, der wegen seiner glatten Front auch „Nasenbär“ genannt wurde, übernahmen das technische Käferkonzept mit Kofferraum vorne und Motor hinten. Nicht nur technisch, auch optisch veraltet konnte man gegen die Modelle von Ford und Opel keinen Stich mehr machen. Es war zwar schon ein Nachfolger geplant, der aber erst 1974 vorgestellt werden sollte und noch keinen Namen hatte. Im Jahr 1973 hieß er schlicht „EA 272“ und war als Frontantriebsmodell konzipiert.
Eine schnelle Lösung musste her, so schielte man nach Ingolstadt rüber, wo im Herbst 1972 der Audi 80 B1 eingeführt wurde. Ebenfalls ein Modell mit Frontantrieb, aber klassisch konservativ als Stufenheck modelliert. Dies musste man ändern, da die Konzernstrategie von Volkswagen ein schräges Heck vorschreibt. Äußerst praktisch, dass der „EA 272“ schon ein von Giorgio Giugiaro gezeichnetes schräges Heck besitzt.
So begann im Mai 1973 im Stammwerk Wolfsburg die Fertigung des VW Passat B1 Typ 32, der über die Jahrzehnte, neben dem später erscheinenden Golf, zu einer der tragenden Säulen im VW Portfolio werden soll. Mit dem Typ 33 wurde die im Januar 1974 die Variant-Version nachgeschoben, der zu einem der erfolgreichsten Kombiwagen werden sollte.
2013 feierte der VW Passat 40 jähriges Jubiläum!
Vom heutigen VW Passat Alltrack mit Allrad und Head-Up-Display, der mal schnell die 50.000 Euro Marke sprengen kann, war man damals noch weit entfernt. Die ersten Passat rollten zu Preisen ab 9.060 DM (4.500 Euro) in der Ausstattungstufe „Basis“ und „L“ zu den Händlern. Unter der vorderen Motorhaube tuckerte ein 55 PS Motor der die Leistung aus 1,3 Liter Hubraum holt. Gegen Aufpreis konnte man einen starken 1,5 Liter Motor mit 75 PS bestellen, der aber nur in der höheren Ausstattungslinie „S“ und „LS“ lieferbar war. Ergänzt wurde die Palette mit dem Spitzenmodell „TS“, der ebenfalls 75 PS leistete und in einer noch gesteigerten Version sogar 85 PS aus 1,6 Litern Hubraum. Dies passierte im August 1975, als die 1,5 Liter Motoren durch die neuen mit 1,6 Liter ersetzt wurden.
Der von uns zur Sachsen Classic 2016 gefahrene VW Passat GLS aus dem Fundus der VW Classic Abteilung, hat als Topmodell ebenfalls diesen 85 PS Motor eingebaut. Geschaltet wird mit einem manuellen 4-Gang Getriebe, was zu einem lauten, brummigen Motorgeräusch führt, insbesondere wenn man die Spitzengeschwindigkeit von 173 km/h erreichen möchte. 14.235 DM (7.278 Euro) kostete damals dieser Top-Modell Traum der Passat Modellreihe und eines der letzten Typ32 Modelle mit den Chromstoßstangen. Im August 1977 erhielt der Passat ein Facelift, bekam moderne Plastikanbauteile und wurde intern in Typ 32A umbenannt. In seinem Produktionszeitraum von Frühjahr 1973 bis Herbst 1980 konnte VW vom Typ B1 stolze 2,6 Millionen Einheiten absetzen.
Hier geht es zu unseren Erlebnissen mit diesem Youngtimer zur Sachsen Classic 2016!
Text: Bernd Schweickard
© Foto: Uli Sonntag (1), VW (2), Bernd Schweickard