Beim Großen Preis von Brasilien am kommenden Wochenende gibt der Renault Weltmeistermotor RS 27 seine Abschiedsvorstellung. Der 2,4-Liter-Motor war das mit Abstand erfolgreichste Triebwerk der V8-Ära in der Formel 1: Zwischen 2006 und 2013 gewannen der RS27 und sein Vorgänger RS26 jeweils fünf von acht möglichen Fahrer- und Konstrukteursweltmeisterschaften (2006, 2010, 2011, 2012 und 2013). In der kommenden Saison löst der 1,6-Liter-V6-Turbomotor Energy F1-2014 mit umfangreichen Systemen zur Energierückgewinnung das V8-Aggregat ab.
Im Laufe seiner eindrucksvollen Karriere entwickelte Renault Sport F1 die 2,4-Liter-V8-Aggregate stetig weiter und sorgte so dafür, dass die hoch drehenden Saugmotoren immer an der Spitze des Feldes fuhren. Neben den fünf Weltmeistertiteln gingen 59 Grand-Prix-Siege – davon allein 51 mit dem aktuellen RS 27 -, 65 Pole Positions, 55 schnellste Runden und insgesamt 3665,5 Punkte auf das Konto der Renault Achtzylinder. 1 Mit anderen Worten: Renault Aggregate gewannen in der Ära der 2,4-Liter-Formel 40 Prozent aller Rennen und holten jede zweite Pole Position.
Von Alonso bis Vettel: eine einmalige Erfolgsgeschichte
Erster Weltmeister mit Renault V8-Power war 2006 der Spanier Fernando Alonso, damals noch für das Renault Werksteam am Start. 2010 folgte Sebastian Vettel mit der Red Bull Renault Equipe. Dies war der Beginn einer Serie, die bis heute zu vier Fahrer- und Konstrukteursweltmeisterschaften führte und Vettel auf eine Stufe mit Renault Botschafter Alain Prost hob. Dazu Prost: „Ich freue mich, dass Sebastian mit mir gleichgezogen hat. Ich wünsche ihm noch weitere Titel, und dass er ein großer Renault Champion wird.“ Zusammen mit den fünf Triumphen aus den V8-Jahren konnte Renault seit 1992 als Werksteam oder Motorenlieferant zwölf Konstrukteurstitel gewinnen. Insgesamt verhalfen die Renault V8-Motoren sechs Fahrern und vier Teams zu Grand-Prix-Siegen. Beim Saisonfinale in Brasilien will Renault Sport F1 die herausragende V8-Statistik mit weiteren Erfolgen krönen.
Die komplette Renault V8 Statistik
Siege | Pole Positions | SchnellsteRunden | Punkte | |
2006 | 8 | 7 | 5 | 206 |
2007 | 0 | 0 | 0 | 75 |
2008 | 2 | 0 | 0 | 109 |
2009 | 6 | 6 | 8 | 179,5 |
2010 | 9 | 15 | 8 | 661 |
2011 | 12 | 18 | 10 | 723 |
2012 | 9 | 9 | 11 | 839 |
2013 | 13 | 10 | 13 | 873 |
Gesamt | 59 | 65 | 55 | 3665,5 |
Der im Renault Sport F1 Hauptquartier Viry-Châtillon entwickelte Renault V8 wurde zunächst exklusiv vom Renault F1 Team eingesetzt. 2007 kam Red Bull Racing als Kundenteam hinzu. Seit 2012 verlassen sich vier Rennställe auf Renault V8-Power: Red Bull Racing mit Champion Sebastian Vettel, Lotus, Caterham und Williams. Damit ist Renault aktuell der Motorenpartner Nummer eins in der Formel 1, ein Beleg für den hohen Stellenwert, den die Antriebstechnik der französischen Marke in der Königsklasse des Motorsports genießt.
Der Renault V8-Motor in Zahlen
- 750 PS leistet der RS27-V8 in seiner letzten Ausbaustufe des Jahres 2013 (bei normaler Lufttemperatur, Luftfeuchte und normalem Luftdruck)
- 18.000 1/min beträgt die vom Reglement diktierte Maximaldrehzahl in der Ausbaustufe für die Saison 2013
- 95 Kilogramm wiegt der 2,4-Liter-Motor
- 1.271 Exemplare wurden gebaut, 683 kamen auf der Rennstrecke zum Einsatz, 588 auf dem Motorenprüfstand
- Mehr als 2 Millionen Kilometer spulten die V8-Motoren in dieser Zeit ab
- Über 7,6 Millionen Bauteile wurden in der V8-Epoche insgesamt verwendet
- Jeder Motor besteht aus mehr als 5.000 Einzelteilen
Insgesamt kamen bis heute in den V8-Aggregaten zum Einsatz:
- 21.800 Kolben
- 43.200 Einlassventile
- 45.900 Auslassventile
- 43.800 Pleuelschrauben
- 22.000 Zündkerzen
- 10.600 Ölfilter
Wechselvolle V8-Motorengeschichte
2006 ersetzten die 2,4-Liter-V8-Aggregate die bisherigen 3,0-Liter-V10-Aggregate, um die vorangegangene Explosion der Motorleistung in der Formel 1 zu begrenzen. Das Mindestmotorengewicht war auf 95 Kilogramm festgeschrieben, die maximale Zylinderbohrung auf 98 Millimeter. Außerdem mussten die Triebwerke jeweils zwei Rennwochenenden halten, was rund 1.400 Kilometern entspricht. Ansonsten war das Motorenreglement liberal.
Dies änderte sich bereits mit der Folgesaison, als die Motorenentwicklung für die nächsten drei Jahre auf dem Stand des letzten Grand Prix 2006 eingefroren wurde, um die Kosten zu reduzieren. Außerdem trat 2007 eine Drehzahlbegrenzung auf 19.000 1/min in Kraft. Modifikationen waren künftig nur noch erlaubt, um Probleme bei der Zuverlässigkeit zu beheben. In der Folgezeit ging es Motorenherstellern und Rennställen vor allem darum, die Rennwagen schneller zu machen, ohne an der Leistungsschraube zu drehen. Möglichkeiten hierzu eröffneten insbesondere die Integration der Triebwerke in die Chassis, die Verbesserung der Kraftstoffeffizienz und der Umgang mit den Auspuffabgasen.
2008 mussten die Teams eine Einheitselektronik einführen, elektronische Fahrhilfen wie die Launch Control und die aktive Motorbremse wurden verboten.
2009: Der Achtzylinder erhält elektrische Unterstützung
Um die Kosten weiter zu senken, durften die Teams 2009 je Fahrer nur noch maximal acht Motoren pro Saison einsetzen. Die Mindestlebensdauer der Motoren wurde auf 2.500 Kilometer verlängert. Um die Zuverlässigkeit zu steigern, beschränkte der Weltautomobilverband FIA die Maximaldrehzahl auf 18.000 1/min. Als Neuheit erlaubte das Reglement das KERS-System (Kinetic Energy Recovery System), das die Bewegungsenergie des Autos, die beim Bremsen üblicherweise in Form von Reibungshitze verpufft, speichert und wieder für den Antrieb nutzt. Damit standen zusätzliche 60 kW/82 PS für maximal 6,6 Sekunden zur Verfügung, ohne den Motor zu belasten.
Raffinierte Motorensteuerung für bessere Aerodynamik
Um die Kosten zu begrenzen, verzichteten die Teams 2010 auf KERS. Stattdessen setzten Renault Sport F1 sowie die anderen Motorenlieferanten und Rennställe auf immer raffiniertere Abgassysteme, um den Ansaugeffekt des Fahrzeugunterbodens zu verbessern. Um den Abgasstrom gezielt zu intensivieren, modifizierten die Teams entsprechend die Motorensoftware.
2011 fährt die Formel 1 wieder mit KERS. In der Mitte der Saison verabschiedete die FIA klare Regeln für die Motorensteuerung, um den Einfluss der Abgase auf die Aerodynamik zu verringern. Im Laufe der Saison 2012 wurden diese noch weiter verschärft.
Da keine Weiterentwicklung mehr gefragt war, standen in der Abschiedssaison 2013 die Zuverlässigkeit und die Vorbereitung von Grand Prix zu Grand Prix im Blickpunkt der Motorenentwickler. Parallel zur Unterstützung der Kundenteams arbeitete Renault Sport F1 bereits mit Hochdruck am neuen, nochmals deutlich energieeffizienteren V6-Turbo.
(c) Foto: Renault