Der letzte Mohikaner
Nun ist er der letzte eines nach Freiheit und Abenteuerlust gebauten Fahrzeuges. Vor wenigen Tagen wurde der ebenfalls gefühlt ewig gebaute Land Rover Defender in einer großen Zeremonie im Werk Solihul eingestellt. Passend zum diesjährigen Jubiläumsjahr „75 Jahre Jeep“ ist der Jeep Wrangler der letzte echte Offroader mit Historie den man auch als Neuwagen käuflich erwerben kann. Sicherlich, der in den 70ern vorgestellte Mercedes G hat auch eine fast uneingeschränkte Geländegängigkeit, aber mit erst rund 37 Jahren auf seiner eckigen Karosserie ist er im Vergleich zum Jeep fast noch im Teenageralter.
„In den USA gibt es zwei Ikonen – Die Freiheitsstatue und den Jeep Wrangler!“
Als würde man nicht schon von außen erkennen das der Wrangler aus einer Zeit kommt, in der man mit ihm nicht zum Sonnenbaden an den Omaha Beach gefahren ist, ist im Haltegriff auf der Beifahrerseite ein graviertes „since 1941“ eingefügt. Damals als Willys bezeichnet und gebaut von der Marke Willys Overland war er der Begleiter der US Armee und begann nach Kriegsende eine zivile Karriere die bis heute andauert. Seit im Mai 2013 der einmillionste Jeep Wrangler vom Band in Toleda lief, hat er auch den automobilen Club der Millionäre erobert.
In diesem Millionen-Jahr fand auch die jüngste Aufwertung des Wrangler statt. So ist in der Version Sahara und auch in der von uns gefahrenen Spitzenversion Rubicon ein automatisch abblendbarer Innenspiegel serienmäßig verbaut. Das muss als „modernes Technik-Accessoire“ aber auch bitteschön genügen. Wobei es zeitgemäß auch aus dem Konzernbaukasten ein Navigationsgerät zu bestellen gibt. Allerdings ist 2016 ein als plug&play montierbares Zubehörnavi aus dem Technikmarkt für 120 euro diesem System weit überlegen, nicht nur in der Grafik.
„Mit der Bezeichnung „SUV“ würde man den Wrangler nur beleidigen!“
Es geht beim Wrangler aber auch nicht darum, den Wettlauf um die längste Sonder-Ausstattungsliste zu gewinnen. Dafür gibt’s andere Hersteller, die meisten davon bauen SUVs. Eine für einen Jeep Wrangler völlig unzutreffende Bezeichnung. Sobald man hinter dem angenehm in der Hand liegenden Lenkrad Platz genommen hat und auf die schlecht beleuchteten Rundinstrumente blickt, fühlt man sich anders. Dieses Phänomen kennen viele Männer nach dem Anschauen eines Bond-Films, wenn sie danach irgendwie breiter laufend aus dem Kino kommen.
Im Wrangler Rubicon geht es rustikal dazu. Derbe grobe Gummi-Fussmatten mit geschnitztem Reifenprofil darin und kargem Interieur. Das abnehmbare Dach, eine Art umgedrehte Plastikschlüssel, lässt sich mit groben Klappschaltern schnell demontieren. Klack, Klack, mit lautem Geräusch knallen die Kippschalter gegen das Dach, willkommen in der Männerwelt!
Wir fühlen uns gut, männlich, eigentlich wollten wir nur kurz zum Supermarkt einkaufen fahren, aber für uns ist es mehr, es ist eine Fahrt in die Freiheit. Als wären wir in einem Treck unterwegs, „The Way West“, Richtung Yukon. Wäre mit unserem Wrangler der Ausstattungstufe „Rubicon“ auch leicht erreichbar. Dieser verfügt über eine spezielle Offroad-Ausstattung. Verstärkte Achsen, Untersetzungsgetriebe und zwei manuell zuschaltbare, elektrische Sperrdifferentziale machen eine Kurvenfahrt in der City oder auf dem Parkplatz zwar fast unmöglich, aber in Utah gibt’s halt auch weniger Supermarkt-Parkplätze.
Für City Cowboys mag das holprige Fahrgefühl auf Asphalt seltsam erscheinen, für Rock’n Roller ist es purer Genuss. Einfach nur über den glatten City-Boulevard tuckern passt ihm nicht. Der 2.8 Liter Turbodiesel mit 200 PS könnte zwar in der Stadt locker Ampelsprints gewinnen, da er „voll auf Anzug“ übersetzt ist, aber das macht keinen Spaß. Dieser kommt vor allem auf unbefestigten Wegen oder im Herbst und Winter auf. Dazu muss nicht mal der Schnee meterhoch liegen. Ein wenig Schnee auf der hügeligen Landstraße, dazu eine Prise Eis und Schneematsch, perfekt. Modernste Limousinen mit 4matic und gefühlt einhundert elektronischen Helfern stehen plötzlich quer, nix geht mehr. Wir lenken bei lässiger Musik von BOSSHOSS einfach an der mittlerweile aufkommenden Anhäufung von Fahrzeugen vorbei, holpern über den noch rutschigeren Feldrand bis wir zur Stelle des querstehenden Fahrzeuges kommen. „Können wir helfen?“ fragen wir natürlich und ziehen dann per Abschleppseil die 80.000 Euro Limousine von der vereisten Straße runter.
Eins ist nach der Testfahrt klar, wenn der „7-Slot“-Kühlergrill des Jeep Wrangler um die Ecke kommt, freuen sich die meisten Menschen auch heute noch auf die Jeep-Fahrer, wie damals am Omaha Beach. Feel the Freedom!
Text: Bernd Schweickard
© Foto: Jeep (3), Jens Scheibel
2 Gedanken zu „Jeep Wrangler Rubicon“