Im Vergleich zu dem Alter eines Drachen sind vier Jahre Entwicklungszeit nur mikroskopisch zu entdecken. In der Spielewelt sind vier Jahre die BioWare an Dragon Age: Inquisition gearbeitet hat, eine eher längere Zeit. Und diese schürt natürlich die Vorfreude, aber auch den Anspruch den man an ein Game hat. Und daran sind schon viele groß angekündigte Spiele am Ende untergegangen. Wie sieht es mit dem neuen Dragon Age aus?
Der Start erfolgt gewohnt erstmal im Charakter-Editor. Welcher Held ihr sein wollt, liegt nur an euch. Ob Mensch, Zwerg, Elf und erstmals auch Qunari, alle könnt ihr in drei Klassen, Krieger, Magier oder Schurke einteilen.
Rein geht’s durch eine gewaltige Explosion die die Spielewelt Thedas erschüttert hat. Viele der „Göttlichen“ sind Opfer eines Dimensionsriss im Himmel geworden, durch den nun die Dämonen die Welt bedrohen können. Wir, respektive unser Charakter, ist der einzige Überlebende. Ein Mal trägt er allerdings davon, dass merkwürdigerweise auf den Riss zu reagieren scheint. Dadurch begegnen uns andere Charaktere mit Misstrauen, andererseits sind nur wir in der Lage die entstandenen Dimensionsrisse wieder zu schließen. Es liegt nun an uns, die anderen davon zu überzeugen, dass wir eher ein Gesandter der Götter sind, als Verursacher des Ganzen.
So gründet sich die „Inquisition“, eine Gruppe die sich gegen die Bresche, wie der Dimensionenriss auch genannt wird, verschrieben hat. Ihr seid mit eurem Charakter unverzichtbar für die Truppe, jedoch solltet ihr euch erstmal weitere Verbündete suchen. Der Ausbau der Inquisition ist zwar zentrales Element des Rollenspiels, kann aber auch mal nerven. Viele Stunden gehen einfach mit übermäßigem Sammeln und Erfahrungspunkte einheimsen drauf.
Die offene Spielewelt ist grafisch sehr gut umgesetzt, keine Frage, aber mir fehlt der Bezug zu meinem Charakter. Wir sollen eine Truppe Verbündeter sein, alle mit Spezial-Aufgaben, warum muss ich als Hero der Breschen schließen kann, auch marginale Dinge wie Eisen sammeln erledigen? Gut, für einen Spieler im jugendlichen Alter mag dieser Freischalt und Sammeloverkill noch zumutbar und wohl auch beabsichtigt sein, bei Gamern des Ü40 Alters, mit etwas weniger Zeit, legt man auch schnell mal den Controller aus der Hand.
Dragon Age: Inquisition hat eigentlich alles was man von einem Rollenspiel erwartet. Eine schöne dargestellte offene Welt, die Story passt auch, jedoch erstickt vieles in endlosen Kämpfen und Sammeln, ohne das sich das wahrnehmbar auf die Geschichte auswirkt. Und genau das möchte man, wenn man auch als älterer Gamer mal eine kurze Auszeit aus dem Hier und Jetzt nehmen möchte, um in die virtuelle Phantasiewelt einzutauchen.
Wer diese Welt ausgiebig erkundet, bekommt nicht nur zahlreiche Sammelgegenstände, er bekommt vor allem eine schöne Spielewelt präsentiert. Waren es in älteren Dragon Age Spielen noch die Schläuche durch die man musste, bekommt man es nun mit großen offenen Gebieten zu tun. Laut Bioware ist alleine die erste Region so groß, wie die Welten aus Dragon Age: Origins und Teil 2 zusammen. Wie praktisch das wir nun erstmals auf Reittieren diese immense Welt erkunden können. Zu Fuß wären wir wohl so lange unterwegs, bis der nächste Teil erscheint.
Dragon Age: Inquisition ist wieder so ein Titel, bei dem man nur schwer ein allgemeines Fazit ziehen kann. Es hat auf der einen Seite alle Qualitäten die man an EA und Bioware stellt. Die Geschichte ist von der Idee sehr gut, klasse Charaktere und vor allem wunderschöne Dialoge, die wir bei anderen Titeln oft vermissen.
Nach dem enttäuschenden zweiten Teil der Reihe zuvor, ist Dragon Age: Inquisition wieder ein starker Titel, der für Genre-Fans aber zu wenig Neues bietet. Für Neueinsteiger kann sich der Titel lohnen, allerdings sollte man etwas mehr Zeit einkalkulieren, um seinem Team durch viele Sammelpunkte nach vorne zu helfen. Allerdings benötigt man nicht so viel Zeit, wie ein Drache alt ist.
Text: Eike Lorenz
© Foto: EA