Ciao Bello
Der neue Alfa Romeo Stelvio
Alfa Romeo, ein Name der sich in der über einhundertjährigen Firmenhistorie einen stolzen Namen für schicke und fahraktive Autos erarbeitet hat, baut nun auch einen SUV. Alfa und SUV, das bringe ich im ersten Moment im Kopf gar nicht zusammen. Wie soll das gehen? Eine schnöde hochgebockte Familienkutsche die emotional sein soll? Auf der anderen Seite kann man wohl aktuell und den Prognosen folgend, auch in den kommenden Jahren nur mit SUVs Geld verdienen. Und Alfa Romeo braucht dringend Geld und neue Kunden, den für Tradition gibt es in der Neuzeit keine harte Währung.
Nach den Jahren wo nicht nur Alfisti gebetet haben, dass Alfa Romeo innerhalb des FCA Konzerns nicht das gleiche Schicksal wie der einst glorreichen Marke Lancia droht, kam letztes Jahr durch den Launch der neuen Giulia die Erlösung. Endlich wieder ein Alfa der aussieht wie einer. Pure Eleganz vom Scheinwerfer bis zu den dicken Endrohren der QV Version. Und aus dieser eleganten Giulia wurde nun der Stelvio geboren, da beide auf der intern „Giorgio“ genannten Plattform aufbauen.
„Mit dem Alfa Romeo Stelvio kommt „Chic“ in die Mid-Size-SUV-Klasse!“
Das Design und die Proportionen des Stelvio machen ihn schon im Stand zum schönsten Mann (ital. Bello), scusi, SUV auf der Straße. Obwohl der Stelvio 19 Zentimeter höher aufbaut als die Giulia, wirkt er sportlich und muskulös. Vorne reckt sich mit Stolz der typische V-förmige Alfa Romeo Kühlergrill in den Wind, hinten sorgt ein abfallendes Heck mit Dachspoiler für Fahrstabilität und sportiven Look. Die ausgebildeten Schultern über den Radhäusern erinnern ein wenig an die Alfa Romeo Sportwagen der 1960er Jahre.
Auch nach dem Öffnen der Tür zeigt sich der Stelvio als typischer Italiener. Südländisches Flair aus Holz und Leder dominiert den Innenraum. In unserem Testwagen ist neben der Lederausstattung auch die Echtholz-Applikation verbaut, die eine behagliche Innenraum-Atmosphäre schafft, ohne altertümlich zu wirken. Im weitesten Sinne erinnert es uns eher an einen Ausflug an den Garda-See mit einem Riva Boot. Nachteil ist dabei die leicht nach außen gewölbte Mittelkonsole. Speziell in der Holz-Ausführung kann man leider nichts darauf ablegen, weil bei jeder Kurvenfahrt und beim Beschleunigen alles sofort haltlos verrutscht. Gut, wer schön sein will, muss manchmal auch Abstriche machen. Vorne schauen wir auf die traditionellen „Alfa Tubes“, die angedeuteten Röhren der beiden Rundinstrumente.
Das Lenkrad hat eine angenehme Haptik, jedoch sind die Schaltpaddels eher Schalttafeln, so riesig wie sie sind. Auch liegen sie zu dicht am Lenkrad, so das je nach Sitzposition, man anstatt des Blinkerhebels die Schaltwippe anfasst, respektive bei der „viertel vor drei“- Lenkradhaltung, mit dem Handrücken an den Schaltwippen anstößt. Generell sitzen wir aber sehr gut in den eher fest gepolsterten Sitzen und die Ergonomie zum Lenkrad und mit dem geschwungenen, zum Fahrer orientierten Cockpit-Layout, fühlt sich klasse an.
Modernes Entertainment bietet auf Wunsch das Alfa Connect 3D Nav mit 8,8 Zoll Bildschirm. Auch hier ist Licht und Schatten eng beieinander. Schön dass es modernste 3D Ansichten gibt, der klassische 2D Look ist allerdings nicht programmiert und damit nicht einstellbar. Diese Darstellung gibt es nur in der Basisvariante mit einem 6,5 Zoll Bildschirm. Die Einbindung von mobilen Endgeräten erfolgt auf die übliche Weise per Bluetooth.
Sound nicht nur aus dem Auspuff, sondern auch im Innenraum verspricht die optionale Harmann/ Kardon Soundanlage mit 13 Lautsprechern. In der Standardversion sind immer noch acht Lautsprecher im Innenraum des Stelvio verteilt.
„Leichtbau, Motorsound, Passion – Cuore Sportivo!“
Wenn man in der Klasse eines Porsche Macan mit sportlichen Ambitionen antritt, muss ein Produkt auch technisch überzeugen, als nur den Mythos von Konzernmarke Ferrari in den Bauteilen zu haben. Bei unserer Testfahrt auf verschneiten winterlichen Land- und Passstraßen rund um St. Moritz können wir zwar nicht die Traktion auf trockenem Asphalt testen, aber die Intention der Alfa Romeo Ingenieure wird auch so deutlich. Die Lenkung reagiert überaus agil, so dass es eine Freude ist, sobald sich die gerade Straße endlich wieder in eine Kurve verwandelt. Kein Wunder, dass Übersetzungsverhältnis von 12:1 ist die direkteste Übersetzung im Segment der Mid-Size-SUV. Dazu kommt der bereits aus anderen Alfa Romeo bekannte „dna“-Schalter, für „dynamic“, „normal“ und „ökologisch“, der je nach Einstellung die signifikanten Einstellungen an Motor und Fahrwerk verändert. Geschaltet wird in allen Stelvio-Varianten mit einer Achtgang-Automatik, die ausgesprochen gut und seidenweich die Gänge wechselt.
Serienmäßig kommt der Stelvio in der ersten Launchstufe ausschließlich mit dem Q4 genannten Allradantrieb zu den Händlern und die steilen Straßen des Bernina Passes hinauf. Das intelligente Allradsystem soll die Kraft bei Schlupf an den Hinterrädern, bis zu 50 Prozent an die Vorderräder leiten. In der Realität wird, insbesondere bei diesen widrigen Witterungsbedingungen schnell klar, dass der Stelvio Allrad kann, aber eigentlich, vom Herzen der Ingenieure, ist er gebaut für sportliches Fahren auf dem warmen Asphalt italienischer Straßen. Denn im Normalmodus wird die Kraft zu 100 Prozent an die Hinterräder geleitet, was zu ständigen kleinen Heckausbrechern auf der schneebedeckten Fahrbahn führt. Für Mutti die im Big Size SUV entspannt das Kind in die Kita fahren möchte ist das bestimmt nichts. Für fahraktive Piloten, die noch richtig Freude am Fortbewegen eines Autos haben, ist es perfekt abgestimmt. Auf trockenen Straßen sorgen die ab Werk montierten Michelin Pilot Latitude Reifen für den perfekten Grip zur Straße. Mit ihren kleinen Schräglaufwinkeln sorgen sie für eine exakte Radführung und heizen sich selbst bei sportivsten Fahraktionen nur langsam auf.
„Bestwert in der Klasse mit weniger als sechs kg pro PS!“
Karosserie- und Fahrwerksteile aus Aluminium und eine aus dem Hochleistungsmaterial Karbon gefertigte Kardanwelle zeugen von der Detailverliebtheit der Italiener. Alle Maßnahmen bilden nicht nur die Grundlage für eine Gewichtsverteilung von 50:50, sondern auch die Grundlage für agilen Fahrspaß. Kein Wunder, wurde der Stelvio doch zuerst als stärkste QV Version konstruiert und dann davon die schwächeren Versionen abgeleitet, wie uns der europäische Alfa Romeo Chef Fabrizio Curci verrät.
Wobei die schwächeren Motoren mit 200 PS (Benziner) und 180 PS (Diesel) erst zu einem späteren Zeitpunkt kommen sollen. Zum Start gibt’s den 2,2 Liter Vollaluminium Diesel mit 210 PS und die aktuell perfekteste Kombination, den 280 PS Benziner. Dieser bietet auch vor allem im hohen Drehzahlbereich den typischen Alfa Sound. So ein heiseres Röcheln ab 3.000 U/min., das Alfisti so lieben.
„Alfa Romeo – Das Herz der Automobilindustrie – Schlägt nun auch in der SUV-Klasse!“
Stelvio, der passende Name für den ersten SUV von Alfa Romeo. Ist er doch eine Hommage an den höchsten asphaltierten Pass in den italienischen Alpen, der in Deutschland unter dem Namen Stilfser Joch bekannt ist. Die „Strada Statale 38 dello Stelvio“ bietet auf den entscheidenden 20 Kilometern rund 75 Kehren, atemberaubende Ausblicke und stellenweise mehr als sieben Prozent Steigung bis hinauf zur Passhöhe auf 2.758 Meter.
So ist der erste SUV der italienischen Marke Alfa Romeo ist ein typischer Alfa. Geboren fürs Herz mit leichten Macken die Fahrer der klassischen Premium-Langweiler-SUVs nicht mögen. Aber für Menschen mit Herz, Stil und Charme, könnte der neue Stelvio zu Preisen ab 47.500 Euro der perfekte Kandidat sein, wenn er am 18. März seine Händlerpremiere in Deutschland feiert.
Text: Bernd Schweickard
© Foto: Hersteller (3), Bernd Schweickard