Das Panamera Universum
Die Fachpresse tänzelte 2009 im fernen Shanghai einmal mehr um den Porsche Stand, als auf der Auto Shanghai die vierte Porsche Modellreihe angekündigt wurde. Ein langer 911 sollte es sein, ein Viersitzer, könnte das nach gescheiterten Versuchen in den 1980er und 90er Jahren etwas werden?
Erstem Stirnrunzeln wich schnell die Erfolgsmeldung von Porsche, dass der Absatz gesteigert werden konnte, insbesondere dank des damals neuen Panamera. Global betrachtet ist er jenes „want to have“-Fahrzeug für die neuen Märkte im Osten und in Asien, wo man die Automarken aus Deutschland sehr schätzt, sich aber nicht unbedingt selbst hinter das Steuer eines zweisitzigen Sportwagens klemmen möchte.
Und Pathos und Heritage bringt der Panamera reichlich mit. Neben der Marke Porsche selbst, wird der Name Panamera vom berühmten Langstreckenrennen „Carrera Panamericana“ in Mexiko abgeleitet. Kongenial passend für einen Gran Turismo wie den Porsche Panamera.
Im Zuge der Modellentwicklung kamen einige Motorvarianten und ein Allradantrieb hinzu, seit Mitte 2016 ist die zweite Modellgeneration im Handel. Und weil das Porsche Panamera Universum stetig wächst, stellt man dem bekannten Modell seit Frühjahr 2017 mit dem Panamera Sport Turismo ein weiteres Derivat zur Seite. Das als Shooting Brake konzipierte Fahrzeug, ist im weitesten Sinne die Lifestyle-Variante der Panamera Limousine.
Wir begegnen beiden Fahrzeugen in Form eines Porsche Panamera 4 E Hybrid und einem Porsche Panamera Turbo Sport Turismo. Ein Meeting um in das Porsche Universum einzutauchen, zu erleben was die Faszination am Nicht-zweisitzigen Sportwagen ausmacht.
„Porsche steht nicht nur für Tradition, sondern auch für die Moderne!“
Vom neuen 2017 präsentierten Panamera werden mittlerweile gut 60 Prozent als Plug-In-Hybrid bestellt. In diversen Märkten mit mehr Elektromobilität-Affinität als in Deutschland, liegen die Zahlen teilsweise noch deutlich höher. In Norwegen, einem Land dass explizit auf Elektromobilität setzt, können 90 Prozent aller bestellten Panamera an der Steckdose aufgeladen werden. Aber auch in Mitteleuropa setzt diese High-Tech-Variante ihren Siegeszug fort. Gut 70 Prozent Panamera Plug-In Hybrid Anteil in Frankreich und 80 % bei unseren Nachbarn in Österreich, sprechen eine deutliche Sprache.
Die Gründe hierfür sind vielfältig. Es geht sicherlich nicht nur darum, ein paar Liter Benzin zu sparen. In der Gesellschaft findet ein Umdenkprozess statt und das Gesamtpaket ist stimmig. Das Top-Modell Panamera Turbo S E-Hybrid wartet durch die kombinierte Systemleistung aus Vierliter V8-Triebwerk und Elektromotor mit 680 PS auf. Ein Wert, den es sonst nur mit hochgezüchteten Motoren in Rennwagen gab.
Aber ist es die schiere Leistung die fasziniert? Wir denken Nein! Es ist vielmehr die Techniksymbiose aus allen Faktoren des Antriebes. Wenn wir den Startknopf betätigen und uns gefühlt 250 Leuchten, Displays und Diagramme entgegenleuchten, wird klar, wir sitzen in einem High-Tech-Cruiser. Und genau das vermittelt der Panamera 4 E Hybrid perfekt.
Im typischen Autofahrer Alltagsmix aus Stadt, Landstraße und eventuell ein paar Kilometer über die Autobahn, respektive im zähen Verkehrsfluss in Richtung Stadtbüro, arbeitet die Elektronik des Antriebes auf Höchstleistung. So schnell wie sie unsere gewünschte Fahrsituation wahrnimmt. Aus der Garage die vier Kilometzer bis zur Autobahn, die bitte rein elektrisch, bis zu 50 Kilometer wären bei überschaubaren Gasfußeinsatz laut Porsche drin. Dann auf der Autobahn, ein paar Meter freie Fahrt und wir versuchen ein wenig Zeit aufzuholen, damit der Kaffee im Büro nicht kalt wird. Ein Gasstoß, die Elektronik nimmt den 2,9 Liter V6- Benziner dazu, Bitteschön. So können wir entspannt die 462 PS Systemleistung des Gran Turismo nutzen und machen ein paar flotte Kilometzer gut.
Gemütlich im ergonomisch perfekten Ledergestühl sitzend, stellt sich der Panamera 4 E Hybrid als perfektes Pendlerauto dar. Gut, mit Preisen ab rund 108.000 Euro nicht für den normalen Berufspendler gedacht, aber es soll hier ja auch einige Manager in den Frankfurter Bürotürmen geben, die einen ökologischen Firmenwagen suchen. Habe ich die falsche Berufswahl getroffen? Aus Sicht des Panamera sicherlich.
„Wir wechseln von Style zu Life-Style!“
Obwohl die gleichen Gene, verhält sich unser Porsche Panamera Turbo Sport Turismo ganz anders. Mit dem 550 PS starken Vierliter V8-Biturbo-Motor ist er in der 500 PS+ Sportwagenkategorie Zuhause. Der unterschied zum 911 und anderen Zweisitzern ist äußerlich allerdings prägnant. Hinter dem Fahrer sitzen noch zwei Leute, bei Bedarf auch drei, aber die Mittelposition kann man nur Menschen zutrauen, die man nicht mag. Und dahinter kommt noch mal ein Kofferraum, der diesen Namen auch verdient. 520 Liter passen rein, bei umgeklappter Rückbank bis zu 1.390 Liter und die niedrige Ladekante von 62 cm lassen ihn schnell zur Familien-Einkaufskutsche werden. Moment, von welchem Auto reden wir gerade? Waren wir nicht bei Porsche? Ja, es ist verblüffend, wie der Sportwagenbauer es beim Panamera Sport Turismo verstand, die diametralen Themenwelten Sportwagen und Kombi miteinander zu verbinden.
Mit dem Dreh am Startschaltter, wie immer bei Porsche links vom Lenkrad positioniert, verwandelt sich der Einkaufslaster in einen klassischen Porsche. Das Vierliter V8-Biturbo Triebwerk bollert mit Gänsehaut-Sound los und macht klar, die im Datenblatt gedruckten Werte, 0-100 km/h in 3,4 Sekunden und 304 km/h Spitze sind purer Sportwagen-Ernst.
Der Panamera Turbo Sport Turismo katapultiert sich nicht nur dank der opulenten 770Nm in die Herzen der Selbstfahrer. Und das auch im Winter, weil alle Sport Turismo Modelle serienmäßig mit Allradantrieb gebaut werden.
Sportwagen, Winter, Umwelt, Familie und Platz, Porsche hat das Panamera Universum mit dem ausgebauten Modellprogramm punktuell exzellent verstärkt. Wer in dieser Preisliga keine klassische Limousine sucht, Familie hat und das (Sportwagen)Kind im Manne fühlt, sollte sich in der vierten Porsche Baureihe perfekt aufgehoben fühlen.
Text: Bernd Schweickard
(c) Foto: Porsche, Bernd Schweickard