Porsche 911 Cabrio – Ein Sommernachtstraum!

1963 fand nicht nur in England der berühmte Postzugraub statt, bei dem eine 15-köpfige Bande 2,6 Millionen Pfund erbeutete. In der deutschen Politik wurde in diesem Jahr ein Machtwechsel vollzogen. Konrad Adenauer trat zurück und der CDU-Politiker Ludwig Erhard übernahm das Amt des Bundeskanzlers.

Bei Porsche vollzog man zur IAA in Frankfurt 1963 ebenfalls einen Machtwechsel. Der vor allem für die 60er Jahre exorbitant modern gezeichnete Porsche 911, damals noch als Typ 901 präsentiert, schickte den 356 mit Vollgas in Rente.

Seit diesem Tag ist er der Sportwagen schlechthin. Ein Ziel, für manche leider auch nur ein Traum, dass Männer aller fünf Generationen vereint. Und über alle sozialen Schichten hinweg. Ein Porsche 911 ist das meist bevorzugte Gefährt des Kapitalisten, der seinen Werdegang schon in der Grundschule plante und linear bis zur eigenen Kanzlei durchs Leben schreitet, wie auch des Outlaw. Bekanntermaßen fuhr auch der linksorientierte Kapitalismusgegner und RAF-Anführer Andreas Baader einen Porsche 911. Gut, er bezahlte ihn nicht, sondern nahm sich einfach einen der am Wegesrand stand, aber es musste eben ein „Elfer“ sein.

Ein Porsche 911 kann alles sein. Liebes- oder Hassobjekt, Traum oder Alptraum, wenn das nötige Kleingeld zum entspannten Dauerbetrieb einer solchen Sportmaschine nicht genügt.

 

Mein Vater träumte schon Ende der 60er vom einem 911, fuhr aber in der realen Welt einen Ford Taunus 20m RS in silber mit schwarzen Rallyestreifen und Talbotspiegel auf den vorderen Kotflügeln, was für damals auch nicht schlecht war. Seinen Traum konnte er nicht umsetzen, denn als das finanziell in den 70ern machbar gewesen wäre, kam anstatt eines Sportwagens in der Garage, ein Baby in einem Kinderwagen. Das war ich. Und nun sitze ich in einem waschechten Porsche 911, genauer, einem 911 Carrera 4S Cabriolet.

 

Sicherlich ist die Linie des Coupés, diese automobile Skulptur, maßgeblich für den Erfolg des 911 verantwortlich. Allerdings die pure Lust am 911, dieses besondere Feeling, dass kommt nur beim Cabriofahren auf. Nachdem sich das Dach in unter 11 Sekunden elektrisch geöffnet hat, der Wind uns durch die Haare weht und wir dem heißeren Gebrabbel und Geröchel des 3.8 l Sechszylinder-Boxermotors hören, sind wir nicht mehr in dieser Welt.

Heute drücken wir nicht einmal die „Sport“- oder die „SportPlus“-Taste. Heute wollen wir cruisen. Wir rollen mit knapp 100 km/h durch den Rheingau am Rhein entlang in Richtung Eifel. Unser Ziel ist der AvD Oldtimer GP am Nürburgring, bei dem an diesem Wochenende die offizielle 50 Jahre Porsche 911 Feier stattfinden soll. Und cruisen funktioniert exzellent, auch mit einem Fahrzeug, das über 400 PS verfügt und wenn man will, knapp an der 300 km/h Marke kratzt. Dennoch ist es schön zu wissen, das wir im „Ernstfall“ in 4,1 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h beschleunigen könnten.

 

Das wunderbare am 911 ist, dass er beide Disziplinen perfekt beherrscht. Man kann mit ihm, ich erinnere hierbei gerne an eine frühere Porschewerbung „ … länger frühstücken und ist abends früher aus dem Büro zurück …“, sehr viel Zeit sparen und Spaß haben. Auch wenn dann der Spritverbrauch nichts mehr mit der Werksangabe zu tun hat. Wobei jeder einzelne Tropfen der Hochoktanischen Flüssigkeit dieses Erlebnis wert ist. Manche rennen an Hausfassaden hinab, andere stürzen sich an einem Seil hängend die Stauseemauer hinunter. Unsere Adrenalindroge heißt schlicht Porsche 911.

Aber nun geht es gemütlicher zu, zumal wir uns in die seit Generationen fabulösen Sportsitze geräkelt haben. Während der Testphase war es erstaunlich, dass keiner meiner Beifahrer am Sitz Veränderungen vornehmen wollte. Auf die Aussage „Stell dir den Sitz doch einfach ein, falls etwas nicht stimmt“, erfolgte jedes Mal der gleiche Ablauf. Erst dieser fragende Blick, dann kurzes Zurechtrütteln des Körpers und die Aussage „Es gibt nichts zu verändern, ich sitze perfekt.“

Wir sind überrascht, bei dieser „normalen“ Fahrweise zeigt der Bordcomputer einen Durchschnittsverbrauch von nur 8,6 l an. Ein Wert, den wir auch mit einigen gängigen Fahrzeugen der Kompaktklasse angezeigt bekommen, natürlich bei gleicher Gangart gemessen. Auch ein Verdienst der Segel-Funktion des aufpreispflichtigen PDK-Getriebes, das ein absolutes „must have“ auf der Bestellliste sein sollte. Dennoch müssen wir mit dieser Ikone an die Zapfsäule. Als ich nun zur Weiterfahrt den Fahrzeugschlüssel links vom Lenkrad einstecke, ein wenig Le Mans steckt in jedem Porsche, und der Motor anfängt zu brüllen, steht ein lächelnder, recht älterer Mann neben mir und streckt den Daumen hoch. „Gefällt er Ihnen?“ frage ich, „Sie fahren den Traumwagen meiner Jugend“ ruft er mir ins Auto „und dieser ist besonders schön“, fügt er noch hinzu. Ja, die Kombination aus dem klassischen Porsche-Rot mit dem flachen und langgestreckten schwarzen Stoffdach ist wohl die schönste, seit es den 911 gibt.

Für uns ist die Faszination Porsche 911 so lebendig wie noch nie. Er ist immer noch das Traumobjekt der Kindergartenbuben, der jungen Männer und der reiferen Männer. Dennoch bin ich froh, dass sich mein Vater damals gegen den 911 entschieden hat und für den Kinderwagen. Aber Dad, ich werde dir alles ganz genau erzählen, wie es ist, am Steuer eines Porsche 911 zu sitzen.

www.porsche.com

Text: Bernd Schweickard

Foto: Eike Lorenz, Bernd Schweickard

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