It’s only Passion

Eine Fahrt in der neuen Alfa Romeo Giulietta von Balocco nach Monza.

 

Alfa Romeo, was wurde über diese italienische Traditionsmarke in den letzten Jahren alles gesagt. Jedes Jahr mindestens einmal in den automobilen Tod geschrieben, dann wieder für das überragend emotionale Design gefeiert. Auch in den letzten Monaten war dies nicht anders. Die Händler kämpfen mit nur zwei Modellen um Marktanteile, während der Mutterkonzern mit Preisen und Auszeichnungen für den grandiosen 4C überschüttet wird. Immerhin, seid der Offenbarung von Sergio Marcchione im Frühjahr über die Zukunft der Konzernmarken, ist klar, Alfa Romeo soll wieder die emotionale Marke im Konzernverbund werden, was sie einmal war. Eine gute Entscheidung wie wir einstimmig in der Redaktion befinden.

 

Bis dahin müssen aber die zwei vorhandenen Modelle das Überleben sichern und wurden daher bereits im Herbst vergangenen Jahres fürs Modelljahr 2014 leicht überarbeitet. Nun sind die beiden Top-Modelle Mito QV und Giulietta QV an der Reihe. Den Mito QV sehen wir uns zu einem späteren Zeitpunkt in einem Test genauer an. Heute wollen wir uns der schönen Alternative in dem Golf- und Astra-Segment widmen.

 

Wir beginnen unseren Trip auf dem Asphalt der Fiat-Teststrecke in Balocco. In den 60ern noch von Alfa Romeo selbst gebaut, als man noch nicht zum Fiat-Konzern gehörte. Die Streckengrafik beinhaltet diverse Streckenelemente aus Zandvoort, Monza und weiteren Strecken. So konnte man verschiedene Rennstreckensituationen simulieren. Jeder Straßen-, Sonder- und auch Rennalfa, vom damaligen Hausrennstall „Autodelta“ aufgebaut, wurde über diese Piste geschickt. Ob GTA oder TZ Zagato, wir spüren die Mystik dieses Ortes.

 

So schreiten wir in der aufgehenden Sonne vorbei an alten Backsteingebäuden und den ausgestellten Alfa Romeo QV Modellen. Vom ersten RL Targa Florio von 1923 an dem das „Quadrifoglio Verde“ (grünes Kleeblatt) prangt, bis zum Tourenwagen-Schreck 1750 GT Am von 1970, der auch heute noch bei Oldtimerrennen immer für einen Sieg gut ist.

Von außen unterscheidet sich die neue Quadrifoglio Verde Version kaum erkennbar vom Vorgängermodell, mit dem wir vor 2 Jahren auf den Spuren der Targa Florio wandelten. Wir berichteten hier.

Bei der neuen Giulietta QV sind es eher die zahlreichen Detailverbesserungen, die ein neues, großes Ganzes ausmachen. Das Lenkrad ist nun unten abgeflacht und erleichtert den Ein- und Ausstieg, wobei es, auch mit der neuen „V“-Spange im Zentrum, viel sportlicher wirkt. Das Armaturenbrett ist aufgeräumter, wirkt wertiger.

Der angedeutete Schalensitz passt uns direkt prima, leichtes Verstellen dann sitzen wir wie in einem Maßanzug.

Die größte Veränderung gibt es auf der Technikseite. Vorne arbeitet nun der 1,8 Liter Bi-Turbo-Motor mit 240 PS aus dem 4C. Und diesen wollen wir nun hören. Chefentwickler Guglielmo Caviasso schwärmt bei der Präsentation von dem neuen „alten“ Alfa-Sound aus den 60ern und wie man ihn mittels moderner Technik in die neuen QV Modelle gepackt habe. Und es klingt wirklich gut, nein, es klingt emotional elektrisierend. Endlich, nach dem 4C hat man nun auch dieses „Alfa-Feeling“ in der sonst so sachlichen Kompaktklasse.

 

Unsere Route führt über die Autostrada zuerst nach Mailand. Die Giulietta schnurrt gleichmäßig, die beiden dicken Endrohre die beim Beschleunigen so satten Sound lieferten, nerven bei gleichbleibender Autobahngeschwindigkeit von 120-140 km/h nicht und verhalten sich eher dezent. Das Fahrwerk ist sehr gut abgestimmt und wirkt direkt, aber nicht hart auf der Fahrbahn, ein immer schwieriger Kompromiss der von den Alfa-Technikern exzellent gelöst wurde. Selbst als die Straßen ab Mailand schlechter werden, oder sagen wir, teilweise unpassierbar, bedingt durch eine Aneinanderreihung ausufernder Baustellen mit Schlaglöchern wie kleine Kiesgruben, lässt uns die Giulietta nicht im Stich. Schon fast sanft schwingt sie mit ihren 18 Zöllern über diese Kuppen und Gruben hinweg.

Das Navigationssystem, von der Technik her ein TomTom, funktioniert gut und zirkelt uns durch die leider zahlreichen Baustellen gekonnt herum, immer mit dem Ziel des königlichen Parks von Monza im Visier. Allein nur die Darstellung der Karte und der sehr dünnen Straßen und Fahrlinie könnte man hier als Kritikpunkt anführen, das ist leider immer noch nicht zeitgemäß.

Insgesamt müssen wir während der Fahrt feststellen, hat diese Giulietta QV nichts mit der Giulietta QV von vor zwei Jahren gemeinsam. Alfa Romeo verstand es, keine revolutionäre Neuentwicklung zu lancieren, sondern das vorhandene in vielen Punkten entscheidend zu verbessern und auf einen aktuellen Qualitäts- und Haptik-Stand zu heben. So gibt es von der Giulietta QV wie vom 4C eine auf 999 Exemplare limitierte „Launch Edition“, die über besondere Ausstattungsmerkmale verfügt.

 

Die letzten 20km vor Monza schalten wir in der Giulietta QV selbst. Die Wippen hinter dem Lenkrad sind ergonomisch gut zu bedienen und das neue angeflanschte Doppelkupplungsgetriebe funktioniert sehr gut. So sind Spurts von 0 auf 100 km/h in 6 Sekunden möglich, die Spitze endet bei 244 km/h. Der Doppelnockenwellenmotor liefert 340 Nm die in schnell gefahren Kurven etwas am Lenkrad zerren und bei der Beschleunigung aus niedrigen Geschwindigkeiten auch gerne mal die Räder durchdrehen lassen. Aber sind wir ehrlich, ist das nicht einfach mal „geil“? Dazu dieser neue Alfa-Sound, der „QV intake engine sound“ der bei sportlicher Fahrweise richtig zur Geltung kommt. Ja, hinein in den königlichen Park von Monza in Richtung Paddock. Wir sind Ugo Sivocci, der damals die Idee hatte das grüne Kleeblatt auf seinen Wers-Alfa Romeo RL zu malen. Vorbei an den historischen Gebäuen die schon so vieles erlebt haben. Ich meine, Monza, wir sind in Monza und das mit einem Alfa Romeo Quadrifoglio Verde! Herz, was willst du mehr?

www.alfaromeo.de

Text: Bernd Schweickard

(c) Foto: Bernd Schweickard, Fiat Group

 

 

 

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