Über den Wolken – Im Opel GT
Dort oben wo die Freiheit grenzenlos sein soll, hält man sich normalerweise auf, wenn man dem alten Werbeslogan „Nur Fliegen ist schöner“ folgen will. Dieser gehört zum legendären Opel GT, dem ikonischen Sportwagen aus Rüsselsheim, der in diesem Jahr seinen 50. Geburtstag feiert.
Zwar nicht über, aber zumindest in der Nähe von Wolken, sind wir über diverse Bergpässe der österreichischen Region Vorarlberg, am dritten Tag der 2018er Auflage der Bodensee Klassik Rallye unterwegs. In einem Pulk von fünf Opel GT Modellen, die der Rüsselsheimer Autobauer als Partner der Auto Bild Klassik Rallye an den Start gebracht hat.
„Der Opel GT, ein grenzenloses Auto, nicht nur über den Wolken!“
Im wahrsten Sinne „grenzenlos“ war auch die Geburt des Opel GT. Geboren 1968 als deutsch-französische Kooperation, die insbesondere in den USA äußerst erfolgreich war. Die beliebte „Little Corvette“ im sexy „Coke-Bottle-Design“ wurde nämlich damals beim französischen Karosseriebauer „Chauson und Brissoneau & Lotz“ gebaut. In Deutschland wurde dem Sportcoupe nur noch Fahrwerk und Motor beigefügt. Das war in erster Linie ein 1.9 Liter Motor der 90 PS über das serienmäßige Viergang-Getriebe an die Hinterachse anlieferte.
Diese Antriebskombination steckt auch unter dem rassigen Blechkleid unseres zitronengelben GT aus dem Baujahr 1969. Das genügte nicht nur damals für sportliche Fahrleistungen wie eine Spitze von 185 km/h und einer Beschleunigung von 11,5 Sekunden auf Tempo 100. Fahrfreude ist mit der leichten Flunder garantiert. Kurz sehen wir die auch im Gesicht von Ex-Rennfahrer „Jockel“ Winkelhock, als er in einem weiteren GT hinter uns ausschert und mit sonorem Motorengeräusch auf der Bergetappe an uns vorbeizieht. War ja klar dass wir ihn über eine Gesamtstrecke von 600 Kilometern die sich auf drei Tage verteilen, nicht immer hinter uns halten können.
So bleibt uns direkt mehr Zeit zur Gemütlichkeit und den fabelhaften Ausblick auf den Etappen. Und nicht nur zur Fahrzeit werden die Augen der Autocrews verwöhnt. Die 7. Bodensee Klassik hat sich mit ihren schönen Locations zur Mittagsrast und Abendveranstaltungen wieder einmal selbst übertroffen. Der im Abendlicht illuminierte Hafen von Lindau am ersten Veranstaltungstag, lässt die Teilnehmer zu einem lockeren Get-together zusammenkommen.
Visuelles Highlight ist aber wie so oft die Etappe am Samstag. Und der Wettergott spielt auch mit, als er wärmende Sonnenstrahlen durch den blauen Himmel auf die Bergspitzen scheinen lässt, die teilweise noch Schneereste am Wegesrand bieten. Wiederum der Veranstaltungsgott heißt Peter Goebel und der hat sich mal wieder Dunkles ausgedacht. Auf einem Bergpass sollen Kontrollstempel in einer bestimmten Reihenfolge gesammelt werden. Gut die Hälfte der 180 Teilnehmer hat er mit einer Finte hinters Licht geführt. Diese hatten acht Stempel gesammelt, es waren aber nur sechs offiziell anvisiert. Chapeaux Herr Goebel für diese lustige Idee.
Unser Pulk aus den fünf Opel GT, zwei Kadett C GT/E, einem Manta A und D Rekord, mit dem Opel Classic einem Teilnehmerpaar aushalf deren Citroen 15CV Gangsterlimousine ausfiel, absolvierte die dreitägige Tour problemlos. Das Opel Mechanikerteam um Jens Cooper hatte die 50-Jährigen perfekt auf ihren Ausflug vorbereitet. Und es sollte keine Seniorenfahrt werden.
„Von Chinesenzeichen und dem Spaß am Zeitverlust!“
Auch wenn der Spaß im Vordergrund steht, ist eine Oldtimerrallye, wenn man nicht unbedingt auf den letzten Plätzen ankommen möchte, kein Zuckerschlecken. Die Kombination aus Fahrer/ Beifahrer muss eingespielt sein und resistent gegen Alltagsprobleme, wie ein altes Ehepaar. „Dort vorne müssen wir scharf rechts abbiegen, nicht so schnell“, sage ich noch, während mein Roadbook mit den Chinesenzeichen genannten Wegmarkierungen und das iPad, wir starten in der Technik-Klasse, auf meinen angewinkelten Beinen herumrutscht. “Hier“, aus dem Augenwinkel sehe ich den Abzweig an uns vorbeihuschen. Mein Fahrer leitet eine Notbremsung ein, die der 49 Jahre alte GT bravourös meistert. Mit quietschenden Bremsen und dem zum Fahrer fliegenden iPad, denn leider habe ich nur zwei Hände und müsste drei Gegenstände festhalten, bekommen wir gerade noch die Kurve. Keine Zeit sich zu erholen. Nur 420 Meter weiter folgt der nächste Abzweig und dann stehen wir schon wieder vor der nächsten Wertungsprüfung.
Warum tut man sich das an, in der Freizeit mit seinem alten nach Benzin und Öl riechenden Oldtimer hunderte Kilometer abzureißen, analoge Roadbooks zu lesen und Stoppuhren zu bedienen? Nicht zu vergessen, den Fahrer anzuschreien, „Fahr, Fahr, noch drei Sekunden, zwei Sekunden, eine …, zu spät in der Lichtschranke!“.
Weil es Spaß macht!
Danke an das Opel Classic Team für die Teilnahme und drei tolle Tage in der Sportwagenikone Opel GT!
Text: Bernd Schweickard
© Foto: Walter Tillman (4), Bernd Schweickard
Und wer lieber Wasser als Berge mag, sollte sich schleunigst für die Schwesterveranstaltung von Auto Bild Klassik, der Hamburg – Berlin Klassik anmelden. Dieses Jahr als Spezialausgabe „Nordsee-Tour“! Infos zur HBK!