2 Generationen Ford Fiesta

Time Warp mit zwei Fiesta Generationen

Du musst besonders sein, einzigartig, wenn du in einem überfüllten Umfeld überleben willst. Diesen bekannten Satz hörte wohl auch Henry Ford II, als der Kleinwagenkritiker in den 1970er Jahren beschloss, in Europa ebenfalls einen Kleinwagen auf den überfüllten Automarkt zu bringen. In seinem Erstverkaufsjahr 1976 gab es hierzulande gut 30 verschiedene Kleinwagenmodelle am Markt. Dazu waren technische Kleinwagenattribute wie Frontantrieb und kompakte Bauweise den Amerikanern völlig fremd.

 

Aber es kam für Ford anders als von Kritikern gedacht. Zum Glück hatte man mit dem kürzlich einverleibten italienischen Design-Studio „Ghia“ europäische Fachleute für das Design an Bord. Der dort arbeitende Tom Tjaarda ist zwar ein Amerikaner, aber lebte in Europa und sein erster Entwurf war schon sehr nah am späteren Fiesta dran. Aber Psst, zu diesem Zeitpunkt gab es für den neuen Kleinwagen noch gar keinen Namen.

 

„Aus Bobcat wurde Fiesta!“

 

Zu diesem Zeitpunkt wurde für das spätere „Auto der Vernunft“ und Gewinner des Goldenen Lenkrads der Name Bobcat (Rotluchs) gehandelt. Dabei handelte es sich einfach nur um einen Arbeitstitel, respektive Code-Namen, wie er bei Ford für Entwicklungsfahrzeuge üblich war. Am 18. Dezember 1975 hatte das Namenrätsel sein Ende gefunden. Henry Ford II enthüllte auf einer Pressekonferenz in Detroit den Namen „Fiesta“ für den neuen kleinen Ford. Zuvor musste er aber beim damaligen GM Präsident Tom Murphy anrufen, denn die Rechte am Namen „Fiesta“ lagen zu diesem Zeitpunkt bei General Motors, dem Rivalen.

 

„Good Job“

 

foto-ford-fiesta-1980-11Das soll Henry Ford II nach einer ersten Probefahrt im Ford Fiesta gesagt haben. Wir prüfen es nach und fahren einen frühen Mk1 Fiesta mit 53 PS die aus einem 1,1 Liter Vierzylinder-Motor stammen. Zum Leben erwecken diese aber erst, als wir den „Choke“-Knopf ziehen und der Motor ein wenig höher dreht. Das Gestühl ist auch nach so vielen Jahren noch bequem, der Gurt rastet in das Schloss neben dem verblassten „Press“ Knopf ein. Los geht’s und wir sind sofort in unserer eigenen Kindheit angekommen.

 

Der Geruch eines Youngtimers umhüllt uns mit dieser speziellen Wärme, als ob wir im Winter Oma besuchen und sie hat Gulasch mit Knödel gemacht. Und nicht nur das wir uns mehrere Jahrzehnte jünger fühlen, auch der Fiesta glänzt heute noch mit seinen Attributen, die ihn vom Start weg erfolgreich machten. Neben einem 1,0 Liter Motor mit 40 PS gab es zum Basispreis von 8.440 DM eine beheizbare Heckscheibe serienmäßig. Damals gab es das nur beim Fiesta. Dazu die klar definierte Schaltung und ein dynamisch und komfortabel abgestimmtes Fahrwerk. Selbst heute noch lässt sich dieser Fiesta flott über die Landstraße bewegen und vermittelt große Freude beim Fahren.

 

„XR ist das ST der frühen Geburtsjahre!“

 

Nachdem 1979 die Fiesta Fertigung vom Werk Saarlouis nach Köln-Niehl verlagert wurde, kam der Fiesta Erfolg immer rasanter in Schwung. Nach nur 58 Monaten und 15 Tagen Produktion im Kölner Werk, läuft bereits der zwei-millionste Fiesta im März 1981 vom Band. Damit bricht er sämtliche bis dahin gültigen Produktionsrekorde europäischer Ford-Modelle. Bis heute ist die Produktion im Werk Köln-Niehl ansässig.

Flott sollte er auch auf der Straße werden und so erschien 1981 der sportliche Ford Fiesta XR2i mit 84 PS und einer Spitze von 170 km/h.

 

„Europa’s Nummer Eins, Früher und Heute!“

 

Über 16 Millionen verkaufte Fiesta in 40 Jahren, aber nur 1.000 Glückliche im Jahr 2016. Denn neben den Fiesta Celebration Sondermodellen, liefert Ford seit Sommer den Fiesta ST200 aus. Das auf nur 1.000 Stück limitierte Sportmodell ist der XR2i der Neuzeit. Mit 200 PS und nur 1.163 kg baut er auf den gleichen Charakter auf, wie der UrFiesta. Fahrfreude!

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Der ST200 in der Sonderfarbe „Asphalt Grau“ ist der neue Häuptling der Fiesta ST Serie, von der Ford in Europa gut 30.000 Einheiten verkauft hat. Mattschwarze 17 Zoll Leichtmetallfelgen und rot lackierte Bremssättel sind seine Kriegsbemalung. Innen empfängt uns der ST200 mit stark konturierten Recaro Sportsitzen. Diese sind auch nötig, will man dem Kleinwagen-Sportler auf der Landstraße mal die lange Leine lassen. Dann begeistert er mit famoser Agilität die im Overboost Betrieb mit 215 PS und 320 Newtonmeter ein Grinsen in das Gesicht des Fahrers zeichnet. Das bleibt auch jenseits der 100km/h Markierung erhalten, die der ST200 in nur 6,7 Sekunden erreicht. Der Motor hängt bissig am Gas, ab 3.000 Touren geht richtig die Post ab. Der 1,6 Liter Vierzylindermotor zischt und brabbelt, die präzise Lenkung lässt den Über-Fiesta kinderleicht auf der Straße nach links und rechts wedeln.

 

Und in diesem Fiesta ST200 haben wir das ähnliche Gefühl, wie im grünen UrUrUr-Enkel von 1980. Einfache pure Fahrfreude und so gibt es doch etwas Negatives zum Millionseller zu berichten. Im ST200 ist auf der gleichen Strecke die Fahrfreude leider schneller vorbei als im 83 PS Derivat, weil wir früher angekommen sind.

Und hier geht es zu einer 40 Jahre Ford Fiesta Bildergalerie!

Text: Bernd Schweickard

© Foto: Ford (1), Bernd Schweickard