Trofeo Emozionale!
Unterwegs im 1975er Alfa Romeo Alfasud von Gerhard Berger.
In den 1970er Jahren, als Rennsport aus heutiger Sicht noch diesen lässigen Touch hatte, waren Markenpokale en vogue. Nicht nur aus einer rein praktischen Sichtweise, sie sollten kostengünstig den Einstieg in den Rennsport ermöglichen, sondern auch wegen dem Spaßfaktor. Es wurde gefightet, Türgriff an Türgriff und auf der letzten Rille der kleinen 13 Zoll Felgen über die Curbs der Schikane gebügelt. So fuhren sie nicht abseits großer Rennserien im verborgenen Umfeld, sondern auch im Vorprogramm der Formel 1 Rennen. Vorreiter und einer der bekanntesten Markenpokale war der Renault 5 Pokal, aus dem einige spätere Werks-Rennfahrer hervorgingen. Ford wollte den kleinen Fiesta noch dichter an der Frauenwelt platzieren und initiierte den Ford Fiesta Ladies Cup. Heute sind bezahlbare Markenpokale eher selten geworden. Zu den Ausnahmen gehört die Fiat FCA Gruppe, welche mit der Trofeo Abarth 500 eine spannende Markenpokalserie mit italienischem Flair anbietet.
Wer 1976 mit Dolce Vita Background in die Welt der Markenpokale eintauchen wollte, wurde im Alfasud Pokal fündig. Oder besser „Trofeo Alfasud“, dem italienischen Wort für „Pokal“. Zwar fand schon ein Jahr zuvor auf Initiative des Ex-Rennfahrers Ortner ein Rennen nur mit Alfasud in Österreich statt, als offizieller Markenpokal ging die Serie aber erst ein Jahr später in Italien und Österreich an den Start. Ab 1977 dann auch in Frankreich und Deutschland. Parallel fuhr die „Trofeo Europa Alfasud“ über Europas Rennstrecken.

Ich war begeistert von diesem seriennahen Rennsport, war aber leider erst sieben Jahre alt, kam in die zweite Klasse und hatte gerade meinen Fahrradführerschein gemacht. Ein anderer Autofan hatte bereits seine Fahrlizenz und holte sich seine ersten Rennsporterfahrungen in der Trofeo Alfasud. Zu diesem Zeitpunkt wusste noch niemand, dass er später in der Formel 1 auch in einem italienischen roten Auto sitzen wird, einem Ferrari. Die Rede ist von Gerhard Berger, dem sympathischen Österreicher und aktuellem Chef der DTM, der 1978 und 1981 Teilnehmer des Alfasud Cup war. Und in seinem originalen Renn-Alfa Romeo Alfasud ti von 1981, der seit Jahren dem italophilen Bitburger Rainer Köppen gehört, sitze ich nun, bei den Classic Days auf Schloss Dyck.
„Der Reiner, Gerhard & Ich!“
„Ich bin der Reiner“, sagt der Besitzer diesen besonderen Alfasud und streckt mir die Hand entgegen, während ich halb in die Rennschale gefallen bin, das eine Bein hängt noch draußen über der Querspange des Käfigs, aber ich schlage schon mal ein, dass nimmt die Anspannung etwas weg. Reiner Köppen ist ein Motorsportler und Alfa-Fan durch und durch. Mehrere Alfasud fanden den Weg zu ihm, so auch dieser sehr spezielle Wagen.
Gebaut wurde der Ex Gerhard Berger Alfasud 1975 und von 1977 bis 1981 in Pokalrennen eingesetzt. Berger erhielt dann die Möglichkeit in die Formel 3 einzusteigen und gab den Alfasud 1981 als Teil der Bezahlung an den F3-Rennstallbesitzer Josef Kaufmann in Bitburg ab. Berger war damals ja noch ein Unbekannter, der Wagen einfach nur ein alter Renn-Alfa. So teilte er das Schicksal, was damals selbst einem Ferrari 250 GTO widerfuhr, er gammelte irgendwo in der Ecke auf einem Gebrauchtwagenplatz vor sich hin. Nach einiger Zeit tauschte ein Alfa Romeo Händler aus Bitburg den Wagen gegen einen Gebrauchten ein, aber auch dort stand er sich auf einem Parkplatz die Reifen platt. Ein junger Mitarbeiter dieses Alfahändlers kaufte das Fahrzeug, wollte es selber neu aufbauen, aber dann stockte das Projekt und Reiner Köppen kam ins Spiel, respektive in dieses Autohaus. Er sah den besonderen Alfasud, kaufte und zerlegte ihn, um einen kompletten Neuaufbau zu realisieren.
„Das CupAuto aus dem Baukasten!“
Basis des Cup-Autos ist ein normaler Alfa Romeo Alfasud ti mit dem 1.286 ccm kleinen Boxermotor. Die Beatmung erfolgt beim Trofeo Auto durch zwei 44er Weber Doppelvergaser, die Bestandteil des von Autodelta hergestellten Kit für den Renneinsatz waren. Was vorne reingeht, muss hinten auch wieder raus, in diesem Fall durch eine sehr offene Auspuffanlage die schon vorne unter der Fahrertür endet. Kleinere Optimierungen pushten den 1.3 Liter Motor auf eine Leistung bis zu 128 PS im Jahr 1981, wobei der Berger Wagen von Reiner Köppen 136 PS an die Vorderräder liefert. Im Original-Kit waren neben den obligatorischen zusätzlichen Sicherheitseinrichtungen wie Schalensitze, Feuerlöscher und ein Überrollkäfig, auch ein Frontspoiler, Kotflügelverbreiterungen und ein kleiner Heckspoiler enthalten.
Um sportliche Kurvenfahrten zu ermöglichen, lieferte Autodelta andere Dämpfer und Federn und dazu passende 8×13 Zoll große Campagnolo Felgen. Den Kontakt zur Straße übernahmen speziell entworfene Pirelli P7 Corsa Rennreifen. Mit diesem Einsteiger-Rennauto ging damals nicht nur Gerhard Berger auf die Jagd nach der Bestzeit, auch der bekannte sport auto Fotograf Jürgen Zerha und Karl Wendlinger sen., der Vater des späteren F1 Fahrers, drehten damals am Volant eines Cup-Alfasud.
„Fahrspaß braucht keine 500 PS!“
Imola, Zeltweg, Jarama, Hockenheim und Monza, dort überall fuhr dieser Wagen schon und nun kurve ich auf dem heißen Sitz des Co neben Reiner Köppen über den Dreieckskurs der Classic Days bei Schloss Dyck. Wobei, erstmal durch die Besucher des Fahrerlagers hindurch, die eine Gasse zum Starthäuschen freigeben. Vor uns startet ein Alfa Romeo GTA und nun hebt sich die Startflagge für uns. Reiner gibt Gas, der Alfasud schlenkert ein wenig auf der noch leicht feuchten Piste, aber mit gekonnten Einsatz von Lenkkorrekturen und Gas, nehmen wir Fahrt auf. Und dann sind wir mittendrin, im Feeling wie es Ende der 70er gewesen sein muss, als Rennsport noch mit Tshirt, Dosenravioli und Fluppe im Mundwinkel betrieben wurde. Nach zwei Runden kommt die wohlige Motorenwärme durchs blanke lackierte Blech ins Wageninnere. Auf der Gegengerade schreit der kleine Boxermotor auf, hinten knallt jede Explosion gefühlt einzeln durch. Es ist das Gesamtpaket, dass solch einen Wagen ausmacht. Die Verbindung aus Geräusch, Geruch, dem visuellen Erscheinungsbild der Armaturen und die gesamte Wahrnehmung, dass uns wie in einer Zeitmaschine über 35 Jahre zurückversetzt fühlen. Der kleine Alfasud ist wie Autofahren pur. Die kleinen Reifen fühlen sich unter dem PoPoMeter im Schalensitz so an, als würden sie sich 3x so schnell drehen wie wir fahren. Es rappelt, es brummt, Reiner drückt das Pedal aufs nackte Blech und zieht den dürren Schaltstock nach hinten. Das Schöne an solch einem Wagen, die knapp 140 PS vermitteln nicht weniger Fahrspaß als ein Bolide mit 500 PS, sind aber wesentlich besser zu beherrschen, was den Stressfaktor senkt. So werden aus großen Jungs wieder kleine Buben. Eines haben aber alle gemeinsam, ob groß, klein, ob berühmt wie Gerhard Berger oder normale Menschen wie Reiner und ich, dieses spezielle Lächeln im Gesicht, wenn man sich nach paar Runden aus der engen Sitzschale schält und einfach Spaß am Leben und der Erinnerung haben durfte.

Vielen Dank an Alfa Romeo Deutschland und Reiner Köppen für die Mitfahrt.
Text: Bernd Schweickard
© Foto: Alfa Romeo (3), Alexander Beyer (1), Christian Sauer (1), Michael Jülicher (2), Bernd Schweickard