Zwar kam das erste Gran Tursimo schon 1997 auf den Markt, in Deutschland kennt man es aber erst seit 1998. Somit feiern wir nun mit dem morgen erscheinenden Teil GT6, das 15-jährige Jubiläum der erfolgreichsten Rennserie aller Zeiten.
Selbst normale Familienväter, mittlerweile über 40 Jahre alt, die sich in gekauften oder selbst geschweißten „Renngerüsten“ mit montiertem Schalensitzen im Wohnzimmer befinden, mutieren am Lenkrad zum Hobbyracer, bevor sie am nächsten Morgen wieder den Familienvan aus der Garage holen.
Und morgen am 06. Dezember kommt nicht nur der Nikolaus, nein, es grassiert wieder GT6-Fieber.
Kaum dreht sich die Scheibe in unserer Konsole, sind wir aber erstmal wieder zum Warten verdammt. Es wird direkt der erste, über 1,2 GB große Patch geladen. Aber nun endlich geht es los, das wunderbar inszenierte Intro läuft, mit Hintergrundmusik von LangLang.
Zuerst fällt uns das völlig neu designte Hauptmenü auf. Beim Vorgänger wirkte dies dunkel, verschachtelt und einfach für den Gelegenheitsracer völlig unübersichtlich. Ganz anders bei GT6, hier hat der Gamer ab der ersten Sekunde alles im Blick. Ohne weitere Zeit zu verlieren klicken wir uns durch und starten den Prolog. Los geht’s mit einer Testrunde auf der Traditionsrennstrecke von Brands Hatch. Die Einblendungen was wann warum passiert sind für den GT-Profi natürlich ermüdend, aber für Neueinsteiger perfekt, zumal sie kurz gehalten und optisch schön aufbereitet sind.
Und dann kommt das was mir bei der GT-Reihe immer missfallen hat, erstmal muss ich mir einen 40 PS Kleinwagen kaufen und damit über die Rennstrecke zuckeln. Ok, in GT6 ist es ein Honda Jazz RS aus 2010, aber auch damit will noch keine Euphorie aufkommen, obwohl alles sehr gut animiert ist und nochmals einen Sprung gegenüber GT5 darstellt, den wir so nicht erwartet haben.
Also die nächsten zwei bis drei Stunden erstmal damit verbringen, Lizenzen zu machen und Einsteigerennen, in GT6 heißt das „Sunday Cup“ zu fahren. Klingt im ersten Moment langweilig, ist es auch, aber macht seltsamerweise dennoch Spaß. Es ist der Unterschied im Detail, Grafik, Steuerung, Atmosphäre der Umgebung, überall kleine Details, die aber den immens großen Unterschied zu GT5 ausmachen.
Angenehm ist auch das die Lizenzprüfungen auf fünf Aufgaben pro Lizenz verkürzt wurden. So bleibt mehr Zeit fürs „Racen“ und das ist es ja was man will, besonders in der Ü40 Generation, wenn man nur noch bedingt Zeit als „Hobbyrennfahrer“ hat.
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Was Polyphony Digital mit GT6 noch an High-End Grafik aus der PS3 herausquetscht, ist atemberaubend. Die Karossen, Wind, Sonne, Regen, Spiegelungen sind das Maximum was man der PS3 an Grafikleistung abverlangen kann. Leider fällt der Sound der Motoren gegenüber der Grafik ab und markiert das andere Ende einer Skala. Sicherlich ist er besser als bei GT5, aber im Jahr 2013 weit hinter dem zurück was aktuell machbar ist.
Unerreicht ist mal wieder der Umfang des Grand Turismo Spiels. Über 1.200 Fahrzeuge aus allen erdenklichen Kategorien sind verfügbar und dank einer hochrealistischen Physik-Engine mit ihren signifikanten Unterschieden fahrbar. Die Cockpitansicht wechselt von genial bis grottig, hier ist wieder alles dabei, aber immerhin ist sie überall verfügbar, nicht wie zuletzt nur bei den Premium-Modellen.
Angewachsen ist auch die Anzahl der originalen Rennstrecken. War bei GT5 der Nürburgring und dessen Nordschleife noch das ultimative Streckenhighlight, hat Kazunori Yamauchi die Fans erhört und GT6 auf 37 Orte und 100 Streckenlayouts aufgeblasen. Neu dabei ist der in Kaliforniens Wüste gelegene „Willow Springs Raceway“ der sich schön flott fahren lässt und auch der „Ascari Race Track“ in Andalusien ist mit dabei. Für Classic Fans wurde das ehrwürdige Goodwood digitalisiert.
Ein Meilenstein ist bei GT6 auch das „GPS-Tracking“. Nach dem Release wird es per update möglich sein, mit dem eigenen echten Fahrzeug eine Runde per APP aufzuzeichnen und danach in GT6 einzuspielen und zu analysieren.
Neu ist auch das intensive Engagement der Autofirmen, speziell zum 15. Jubiläum in der Kategorie „Vision GT“. Vorreiter ist auch hier der Erfinder des realen Automobils, Mercedes Benz, die das Headliner-Fahrzeug stellen, den „Mercedes Benz Vision GT“, den wir uns in der matt-schwarzen Folierung in die virtuelle Garage gestellt haben. Nach und nach werden die anderen Vision-Fahrzeuge freigeschaltet. Aston Martin, Audi, BMW, GM Design, Italdesign Giugiaro, Nissan, Zagato und viele mehr konnte Polyphony als Partner gewinnen, die alle aufregende Studien skizziert haben.
Für GT6 gilt eine uneingeschränkte Kaufempfehlung. Vor allem wer noch keine PS4 Zuhause stehen hat, sollte sich zum Jubiläum das neue Gran Turismo holen. Und wenn es eine Platin-Trophäe nicht nur für das Einsammeln aller Trophies gäbe, sondern auch für das schönste Auto des Spiels, dann hätte es der Mercedes Benz Vision GT sicher verdient.
info: www.gran-turismo.com
Text: Bernd Schweickard
© Foto: Sony