Back to earth!
Die 10. Generation des Honda Civic startet im März.
Modellwechsel-Weltmeister ist er schon, der neue Honda Civic der am 18. März in seiner 10. Auflage zu den Händlern in Deutschland rollt. Und dieser Titel ist durchweg positiv gemeint, denn der Civic wird schon seit 1972 gebaut und ist im Kern so etwas wie der japanische VW Golf. Aktuell hat fast kein anderes Automodell, Ausnahmen wie den Porsche 911 gibt es natürlich, eine so lange Produktionszeit unter gleichem Modellnamen. Einzig dem Civic sind aber 10 Modellgenerationen bestimmt.
Dabei hat er einiges durchlebt. Vom praktischen japanischen Citywagen in den 70er und 80er Jahren, den Sportambitionen mit den CRX Modellen der 80er und 90er Jahre Jugend, bis hin zum Raumschiff gleichen Cockpit Layout der jüngsten Jahre. Captain Future hätte an ihm sicherlich seine Freude gehabt. In Deutschland, dem eher biederen Golf-Geschmack folgend, polarisierte solch ein spaciges Design wohl zu sehr.
„Back to earth“, zurück zu gefälligem Design eines Weltautos geht es nun, dass in Asien ebenso die Geschmäcker der Käufer treffen muss, wie in Europa und den USA. Und das was uns in der hippen Stadt Barcelona für eine erste Testfahrt zur Verfügung steht, kommt diesem Lastenheft schon sehr nahe.
Gut, von außen, speziell von hinten ist der Civic sofort als „individuelles“ Fahrzeug des hart umkämpften C-Segments zu erkennen. Das umfangreichste Aerodynamikpaket des Kompaktsegments, zeigt eine flachere und breitere Front. Das wirkt modern und flott, gleichzeitig viel gefälliger als das bisherige Modell. Den eigenständigen Civic-Charakter verdeutlichen die schräg nach oben gezogen Scheinwerfer, die je nach Ausstattung, mit Halogenlampen oder hellen LEDs die Straße ausleuchten. Alle Modelle verfügen über LED-Tagfahrleuchten, die am äußeren Rand der Einheit in Form eines Hockeyschlägers angeordnet sind und von dort eine fließende Linie entlang der Seitenpartie, bis in die großen LED-Rückleuchten entstehen lassen. Das Heck mit seinen wuchtigen Luftgitterattrappen soll den neuen Honda Civic auch visuell wieder sportlicher und dynamischer auf der Straße erscheinen lassen.
„ Bestes Civic Fahrerlebnis aller Zeiten“ sagt Honda, „Stimmt!“, sagen wir“
Die Technik hält, was die Optik verspricht, denn Honda hat beim neuen Civic das umfangreichste globale Entwicklungsprogramm für ein Einzelmodell in der Historie gezündet. So wurde die Karosserie versteift, die Torsionsteifigkeit gar um 52% erhöht. Der Schwerpunkt wurde weiter nach unten verlegt und die Karosserie gleichzeitig leichter. Faktoren die in der Summe zu einem dynamischeren Fahrerlebnis führen. Mitverantwortlich dafür ist natürlich auch das Fahrwerk.
Rückmeldung der Fahrbahn zum Fahrer ist angenehm direkt und man bekommt das Gefühl, den Civic auf den Millimeter dirigieren zu können. Die elektronische Servolenkung hatte bei der Entwicklung einen hohen Prioritätsstatus und wurde speziell für europäische Märkte abgestimmt. Die Basis dafür kommt aus dem Type R Vorgänger und ähnliche Techniken, wie die Verwendung des Doppelritzel-Systems, werden üblicherweise nur in Premium- und Hochleistungswagen verwendet.
„Fahrfreude – kommt nicht mehr nur noch aus München!“
Auf den engen Straßen und Gassen rund um Barcelona und dem Hinterland lassen wir bei strahlendem Sonnenschein den Civic nur so fliegen, suchen Kurve um Kurve. Der Fahrspaß beim Einlenken und durch die Kurve ziehen ist für ein Auto in dieser Fahrzeugklasse überproportional gut. Und dabei fahren wir nicht einmal eine Sportversion. Auch Schlaglöcher die in Spanien eine andere Auslegung dieses Wortes haben als in Deutschland, meistert das Fahrwerk mit der neuen Mehrlenker-Hinterachse exzellent. Die Honda WTCC Racing Truppe darf sich auf eine exzellente Ausgangsbasis für das neue Rennauto freuen. Wie wir erfuhren, schauten sie sich im englischen Werk Swinton, wo der Fünftürer für den globalen Markt produziert wird, dieses Bauteil bereits sehr genau an und hatten danach ein Lächeln im Gesicht stehen.
Den positiven Gesamteindruck unterstreicht die Motorenpalette, auch wenn diese mit zwei Aggregaten noch sehr überschaubar ist. Angeboten wird zum Marktstart eine 1.0 Liter Dreizylinder mit 129 PS und ein 1.5 Liter VTEC Vierzylinder-Turbo-Benzinmotor. Beide Motoren sind Neuentwicklungen und passen gut zum dynamischen Auftritt des Civic. Der Dreizylinder lässt nichts vermissen, als wir eine steile Bergpassage mit Elan nehmen. Bis zu den höheren Drehzahlen ist im Vergleich zu Mitbewerber auch nicht zu merken dass man eine Dreizylinder fährt. Erst bei höheren Drehzahlen oder Volllast macht sich ein typisches, leicht unangenehmes Brummen bemerkbar. Bei normaler Fahrt verhält sich der Motor weitestgehend vibrationsarm und die verbesserte Geräuschdämmung lässt kaum Motorengeräusche zu den Insassen durch.
„Sportlich heißt im neuen Civic – Unbedingt den 1.5 Liter VTEC Motor nehmen!“
Anders und unsere klare Kaufempfehlung für den neuen Civic ist der 1.5 Liter VTEC Turbobenziner. Dieser Motor hat alles was Menschen die gerne und begeisternd Auto fahren, haben möchten. Der Auspuff vermeldet bei tief durchgedrückten Gaspedal, dass der Motor sich freut seine 182 PS und 240 NM Drehmoment über die Vorderräder an den Asphalt zu übergeben. Aber nur, wenn man zu den Selbst-Schaltern gehört. Das ebenfalls überarbeitete automatische CVT-Getriebe hat werksseitig per Software Schaltstufen programmiert bekommen, auch speziell für den europäischen Markt, aber gerade beim ersten Beschleunigen, vergeht auch hier die übliche CVT-Gedenksekunde.
Ganz anders die manuelle 6-Gang Box. Getreu dem Motto „Hier kocht der Chef noch selbst“, schaltet man als Fahrer besser, als schalten zu lassen. Der kurze Schaltstock lässt sich äußerst präzise führen und bietet für Flaches und bergiges Geläuf, passende Übersetzungen an.
Außen, Innen, Fahrwerk, Motor, letztendlich sitzt man im Auto und das war in der Vergangenheit visuell nicht für Jedermann wirklich schön. Der neue Honda Civic geht hier einen deutlichen Sprung zurück, weg von Mondbasis Alpha 1, hin zu Mutter Erde. Und das tut ihm außerordentlich gut. Das klare aufgeräumte Cockpit gefällt beim Einsteigen, die Haptik der in unserem Testwagen verbauten Materialien sind angenehm. Alles wirkt fest und wie aus einem Guss. Das Lenkrad fühlt sich materialseitig auch gut an, oft ein Kritikpunkt in dieser Fahrzeugklasse. Die Magic Seats mussten einer tieferen Sitzposition weichen, um den neuen Civic wieder als sportlichen Kompakten zu positionieren.
„Persönlicher Charakter des Cockpits blieb erhalten“
Trotz der radikalen Abkehr vom Future-Design, bleibt die persönliche Cockpitnote des Civic erhalten. Honda Connect lässt sich nun bequem über das neue 7-Zoll Touchscreendisplay bedienen. Die vollständige Smartphone –Integration erfolgt via Apple CarPlay und Android Auto. Additional können Apps über das Honda APP Center heruntergeladen und installiert werden. Bereits die vorinstallierte App „Aha“, bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten zur sicheren Interaktion. Ob Radiosender, Hörbücher bis zu den News von Facebook und Twitter sind damit steuer- und abrufbar. Wir schicken gleich mal eine Twitter-Nachricht nach Japan „Neuer Honda Civic, erfolgreich und sicher auf der Erde gelandet“.
Text: Bernd Schweickard
© Foto: Bernd Schweickard