Jaguar meets Mille Miglia

Es ist einer dieser Tage an dem man sich kneifen muss, weil man nicht weiß, ob man erwacht ist oder noch genüsslich träumt. So einen Tag gab es Anfang Mai, als Jaguar Land Rover unser AWR Magazin einlud, in einem neuen F-Type Cabrio eine Teilstrecke der Mille Miglia mitzufahren.

 

So sitze ich nun in Florenz im Fahrerbriefing, dass von Jaguar Europa Marketing Direktor Wolfgang Ungerer geleitet wird. „Und achtet darauf, die Tifosi sind im positiven Sinne Mille verrückt. Die springen euch vors Auto und feuern euch an.“ Nun gut, das wird wohl etwas übertrieben sein denke ich noch, aber dazu später mehr.

Der „Get together“-Abend, es sind zehn Jaguar F-Type mit zwei Personen zu besetzen, findet Jaguar-like in einem prächtigen Anwesen statt. Die zehn Fahrzeuge parken stilsicher vor der ehrwürdigen „Villa Le Maschere“, ein imposanter Anblick.

Dazu gesellen sich legendäre Modelle aus der eigenen Historie, die von prominenten Persönlichkeiten wie Model Yasmina Le Bon, der deutschen Schauspielerin Hannah Herzsprung oder auch Jaguar Land Rover Deutschland Geschäftsführer Bernhard Kuhnt pilotiert werden. Für Hollywood-Glamour sorgt „Lincoln“-Darsteller Daniel Day-Lewis, der mit20th Century Fox-Boss Jim Gianopulos einen XK 120 pilotiert.

 

Am Starttag und unserer ersten Etappe, von Florenz zum Startpunkt, dem Marktplatz von Brescia, zeigte sich die Toskana nicht von ihrer schönsten Seite. Wie schon während des ganzen Frühjahrs 2013 regnete es dauerhaft. So können wir direkt die Herbsteigenschaften auf nasser Straße testen, oder ist der neue F-Type nur ein Schönwetter-Cruiser?

Immerhin ist es nicht nur der erste Jaguar Sportwagen seit über 50 Jahren, er wird als offizieller E-Type Nachfolger propagiert, die Messelatte liegt hoch. Kann sie auch, der F-Type lässt sich äußerst sicher durch die engen, winkligen Serpentinen der  wunderschönen Landschaft zirkeln. Wir bewegen das Top Modell, den V8 S mit 495 PS. Man könne denken, sein Drehmoment von 625 Nm fordert bei vehementen Tritt aufs Gaspedal das Heck der Raubkatze auf, es solle auf der nassen Piste doch kurz mal die Front überholen. Aber nichts passiert. Wir probieren es nicht nur auf nasser, sondern auch auf einer unebenen Strecke aus, die aussieht wie ein Flickenteppich. Und während das PoPoMeter noch an das Gehirn meldet, „nimm den Fuß vom Gas“, schaltet sich schon die Elektronik ein und verhindert ein Wedeln des Heckbereichs. Was dann folgt ist purer Soundgenuss 5.0 Liter Kompressor-V8 und der F-Type nimmt uns mit auf eine schnelle Reise nach vorne zur nächsten Spitzkehre. Hier wird eines schnell klar, dieser neue Jaguar ist eine pure Fahrmaschine.

 

Technisch spielt der F-Type in der Spitze der Premium Sportwagen-Liga mit. Alleine die 8-Gang Automatik bildet mit dem Jaguar V8 eine kongeniale Verbindung. Allerdings  schalten wir auch gerne manuell, mit den aus Aluminium gefertigten Schaltpaddeln, die rötlich eloxiert sind. Hier beweist Jaguar einmal mehr was die Faszination dieser Marke ausmacht. Es ist die Liebe zum Detail!

 

In Brescia herrscht Volksfeststimmung und wir mischen uns in Jaguar Outfit ins Getümmel der Startaufstellung. Vorbei an zahlreichen Pretiosen der automobilen Jahrzehnte erreichen wir die britische Gruppe. Drei Jaguar XK 120 und ein C-Type, von Jaguar Heritage exzellent auf- und vorbereitet. Gänsehaut-Atmosphäre!

 

Wir plauschen kurz mit Hannah Herzsprung die uns freudig über ihre Gefühle vor ihrem ersten Mille Miglia Start berichtet und sichtlich aufgeregt ist. Ein sehr sympathischer Mensch, ebenso wie Yasmin Le Bon, die wir an ihrem Jaguar XK 120 antreffen, zusammen mit David Gandy, dem männlichen Super Model und Gesicht von Dolce & Gabbana.

 

Und dann geht alles ganz schnell. Also schnell im italienische Sinne. Irgendeiner gibt das Startsignal, das Geräusch von Trillerpfeifen durchdringt den Redeschwall der Menschen, wunderbar klingende Motoren springen an und aus teils armdicken Endrohren wird mächtiger, schwarzer Rauch in die Freiheit entlassen. Wir sprinten zu unseren F-Type’s damit wir uns in den Pulk einfädeln können. Wolfgang, ehemaliger Entwicklungsingenieur aus der Autoindustrie und heute Journalist einer anderen Redaktion, mit dem ich mir den F-Type teile, übernimmt das Steuer. Sein Großvater war bereits in den 20 Jahren als Beifahrer eines Grafen bei der originalen Mille Miglia dabei.

Wenn es bei einem Automobilisten epische Momente geben soll, dann ist dies so einer.

 

Der Regen ist auch hier unser stetiger Begleiter aber da wir keine Schokoladen-Boys sind, öffnen wir natürlich das Verdeck, knöpfen unsere F-Type Softshell-Jacken zu und ziehen die Mütze tiefer runter. „Lass fliegen“ deute ich an, damit die Regentropfen über uns hinweg huschen.

Wolfgang, ein erfahrener Auto-Dompteur, legt los und zeigt im Endeffekt auch nur ansatzweise, was im F-Type steckt. Es genügt aber, das wir aus jedem Kreisel quer herauskommen, die Tifosi sind entzückt, winken und gestikulieren am Wegesrand. Gesteigert wird das noch, als er das Gaspedal in den Gassen der Ortschaften durchdrückt, alles abgesichert durch die örtliche Polizia, und die Raubkatze auf der nächtlichen Etappe Richtung Ferrara so richtig anfängt zu fauchen.

Den Ampelspurt von 0 auf 100 km/h erledigen wir in 4,3 Sekunden, von der theoretischen Höchstgeschwindigkeit von 300 km/h nehmen wir an diesem Abend dann doch lieber Abstand. Es muss ja noch Ziele im Leben geben.

Und dann passiert es, wovon Wolfgang Ungerer anfangs sprach. Eine Gruppe junger Männer springt breitbeinig auf die Straße, stoppt uns, um im nächsten Moment mit wild schwenkenden Armen und den Ausrufen „Vai, Vai, Vai“ uns anzufeuern die Katze aus dem Käfig zu lassen. Und das tun wir, bis zum Ende dieser außergewöhnlichen Reise die Jaguar Deutschland uns ermöglicht hat. Mille Grazie, wie „wir 1000Miglia Teilnehmer“ sagen.

 

Text: Bernd Schweickard

(c) Foto: Bernd Schweickard

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