Die Zukunft wird ökologischer, das sollte mittlerweile den meisten Menschen klar sein. Bedeutet das aber auch Spaßverlust?
Wir machen den Test und fahren im Porsche Cayenne mit modernem Hybridantrieb zur Fashion Week nach Berlin. Natürlich nicht zu den normalen Shows, sondern zu den „Green Showfloors“ wie der neuen Ethical Fashion Show.
Das unschuldige Weiß unseres Testwagens löst im Kopf schon eine ökologische Grundstimmung aus. Dabei sollte man aber nicht vergessen, dass hier ein waschechter SUV mit über 2 Tonnen Leergewicht vor einem steht. Auch wenn er seit dem letzten Facelift optisch schlanker daherkommt. Und dazu ist es noch ein Porsche. Wie vertragen sich Ökologie und Le Mans Gene? 380 PS Systemleistung, 6,5 Sekunden für den grünen Spurt auf 100 km/h und eine Vmax von 242 km/h sind klar die Gene von Porsche, eine Werksangabe von etwas über 8 Liter Verbrauch auf 100 km haben Porsche-Ingenieure für grüne Sportwagenfreunde umgesetzt.
Allerdings ist dieser Wert nur im sterilen Labor zu erreichen. In der Realität haben wir auf der rund 600km langen Autobahnetappe in die Hauptstadt einen Durchschnittsverbrauch von min. 10,3 – 11,9 Liter Super erzielt. Dies bei eher mäßigen Geschwindigkeiten, was leider bedeutete, Hochgeschwindigkeitsfahrten waren tabu. Aber immerhin, dieser Verbrauch liegt ca. 2 Liter unter dem einer normalen Benziner SUV-Variante. Der Hybridantrieb macht sich hier schon bemerkbar.
Das Gleiten im Cayenne gefällt uns gut. Wir sitzen entspannt in den elektrisch verstellbaren 14-Wege Ledersitzen, den Rest übernimmt die aufpreispflichtige Luftfederung mit Niveauregulierung inkl. Porsche Active Suspension Management (PASM). Mit Hilfe des verstellbaren Fahrwerks kann sich der Cayenne, sollte es doch mal über Stock und Stein gehen, auf eine Bodenfreiheit von 555 mm hochschrauben. Wir bevorzugen auf unseren Wegen zu den Fashion Shows die Straße und wählen den ebenso wählbaren Sportmodus. Damit ist der Cayenne für ein SUV fast ein wenig zu straff abgestimmt, was uns persönlich aber entgegenkommt. Mit der Kraft von 580 NM die der 3.0 Liter V6-Kompressor liefert, pflügen wir durch die Häuserschluchten.
Zur Serienausstattung in unserem Testwagen zählt unter anderem das Automatikgetriebe 8-Gang Tiptronic S, eine Zwei-Zonen Klimaautomatik, elektrische Fensterheber vorne und hinten, sowie fünf 12-Volt-Steckdosen. Für die Sicherheit sind sechs Airbags, das Porsche Stability Management (PSM) Fahrstabilisierungssystem an Bord. Unterhaltung und Entertainment bietet das Audiosystem mit 7 Zoll Farbbildschirm mit CD-Laufwerk. Wir dürfen dem Klang des BOSE Surround Soundsystems lauschen, welches Bestandteil der langen Aufpreisliste ist.
Obwohl der Cayenne mit seinen Außenmaßen von 1.939 mm kein Cityflitzer ist, fällt das Rangieren durch die mit Bau- und Engstellen gespickte Berliner City leicht. Die hohe Sitzposition und eine für SUVs exzellente Rundumsicht, gewährleisten mit der Park Controll sichere Manöver.
Der optische Verstärker des in unschuldigem Weiß lackierten Wagens mit den breiten „Hybrid“ Aufklebern an den Flanken zeigt Wirkung. Während andere „Dickschiff-Fahrer“ im grünen Umfeld argwöhnisch beäugt werden, winkt man uns fröhlich ein. Der Cayenne S Hybrid scheint akzeptiert. So macht unser Porsche vor dem ersten bio-zertifizierten Hotel Berlins, dem Maritim proArte in der Friedrichstraße eine gute Figur, wie abends vor den Fashion Shows des Green Showfloors.
Nach einer Woche im Alltag der Berliner City müssen wir sagen, der Cayenne Hybrid S macht schon Spaß. Allerdings merkt man deutlich, dass es ein Kompromissfahrzeug ist. Er ist auf der einen Seite zu wenig ökologisch, auf der anderen Seite fehlt ihm Sound und Feeling eines „echten“ Porsche. Es ist die Frage, ob Porschefahrer gerne 6.188 Euro mehr als für einen normalen Cayenne S ausgeben möchten, um im Schnitt zwei Liter Benzin zu sparen.
Wir empfehlen, wenn der Kopf entscheiden muss, sich direkt den wirklich sparsamen Cayenne Diesel einmal näher anzusehen, der dazu noch ca. 20.000 Euro günstiger ist. Darf aber das Herz entscheiden, dann sollte man zu einem „richtigen Porsche“ Cayenne S oder Turbo greifen. Hier stimmt Sound, Vortrieb und man hat das typische, positive Porsche-Gänsehaut-Feeling. Und sollte einem doch das Gewissen plagen, kann man das gesparte Geld immer noch Greenpeace spenden …
Text: Bernd Schweickard
Foto: Nina Ziegler