HBK im Mini John Cooper Works Replica

Die Hamburg-Berlin Klassik ist in ihrem achten Bestehen mehr als ein Klassikerlauf. Sie ist die Oldtimerrallye im Norden, bei der man dabei sein muss „The Place to be“ wie der Brite sagen würde.

Passend dazu haben wir ein britisches Auto. Gemeinsam mit Ralf Bernert von exlusive-life.de sitze ich im Classic Mini mit der Startnummer 100 auf den Türen. Es ist eines von zehn Fahrzeugen die BMW Classic zur imageträchtigen Oldtimerrallye von Berlin nach Hamburg an den Start bringt. Darunter teure Vorkriegs-Oldtimer wie den wertvollen BMW 328 in dem Katarina Witt erneut als Beifahrerin agiert. Zuletzt steuerte sie mit dem Leiter der BMW Group Classic, Ulrich Knieps dieses Fahrzeug auf einen fabulösen zweiten Gesamtrang. Auch dabei ein monströs anmutender Rolls Royce Silver Cloud II Cabriolet, einige Youngtimer wie den zeitlosen BMW 850i oder aber den legendären BMW M1, der Urvater des stärksten Buchstaben der Welt.

 

„Ihr seid sicher die Publikumslieblinge mit dem Mini“, ruft mir Stefan Behr, Leiter Pressekommunikation BMW Group Classic zu, als wir am historischen Gebäude des „Haus Nürnberg“ in Berlin starten, in dem heute das Ellington Hotel seine Gäste empfängt.

Nachdem Ralf den Startknopf gedrückt hat, kann ich auch nicht mehr verstehen, was uns von außen zugerufen wird. Die kleine rote Knallbüchse ist einfach zu laut, zu bissig in ihrer Tonalität.

 

Vor der imposanten Kulisse des Berliner Olympiastadions werden wir erstmal in die Details des Fahrzeugs eingewiesen. Es ist bei unserem in den klassischen Farben rot mit weißem Dach gehaltenen Mini ja kein normaler alter Mini. Nein, dass was uns die Mannschaft von BMW Classic als fahrbaren Untersatz für die kommenden drei Tage hingestellt hat, hört auf den leicht martialisch klingenden Namen „Mini Cooper S Works Replica“!

 

Schnell wird klar, dieses reinrassige Rallyegerät hat so gar nichts mit einem Straßen-Mini zu tun. Es handelt sich vielmehr um eine exakte Kopie, eben eine Replica, des Monte Carlo Siegers aus den 60er Jahren, damals pilotiert von Rallye-Legende Rauno Aaltonen. Letztes Jahr jährte sich der erste Rallye Monte Carlo Sieg des Mini zum 50. Mal, so dass Rauno Aaltonen im vergangenen Jahr sogar mit genau dieser Replica an einer Oldtimerfahrt teilnahm und das Startnummernfeld signierte.

 

„Dieser Mini hat mehr Knöpfe, als so manche moderne Premium-Limousine.“

 

Am ersten Tag mime ich den Beifahrer, den CoPiloten der das Gebetbuch genannte Roadbook vorliest. Der freundliche BMW Techniker erklärt mir die Knopfarmada am Armaturenbrett und in der Tür. In der Tür? Hier ist ein Kasten eingebaut der mich spontan an einen englischen Agenten in einem silbernen britischen Hochpreis-Fahrzeug erinnert. Ist hier der Knopf dabei, mit dem Ralf aus Versehen mit seinem Sitz aus dem Dach fliegen kann?“ frage ich den Classic-Mitarbeiter. Nein, aber ich kann von hier die Scheibenwischer bedienen, das Wischwasser welches per externer Pumpe das Wasser aus einem unansehnlichen Plastikbehälter pumpt, der sich links im Fußraum vor meinen Füßen befindet.

 

„Und von diesen Knöpfen und Schaltern lasst ihr am besten die Finger weg“, spricht der BMW Techniker mit einem Lächeln, die seien nur für spezielle Einstellungen, also wenn der Rauno fährt sozusagen. Ralf bekommt andere Instruktionen als ich. Er soll beim Starten des Motors, bei dem ein langer Hebel mit einem großen schwarzen Plastikknopf in Richtung Motorraum gedrückt werden muss, kein Gas geben.

 

„12.27 Uhr startet unsere britische Zeitreise in der roten Knallbüchse.“

 

Es ist einfach ein nur schwer zu beschreibendes Gefühl, wenn sich bei bestem Sonnenschein an die 180 Klassiker mit gut gelaunten Besatzungen vor dem Berliner Olympiastadion aufreihen und dem Start entgegenfiebern. Und wir dürfen Teil des Ganzen sein, als es um kurz vor halb eins Ernst wird. Mittlerweile sind einige Schaulustige und Oldtimerfans an die Startrampe gekommen und winken und klatschen den Protagonisten zu. Auch ich stand jahrelang am Gatter und schaute mir die automobilen Pretiosen an, nun sitze ich selbst darin. Gänsehaut-Feeling als Ralf unseren Mini Cooper S Works Replica auf die Startrampe hochfährt und sich die Flagge hebt.

 

Die Route führt uns heute von Berlin nach Wolfsburg. Die Autostadt feiert in diesem Jahr ihr 15-jähriges Bestehen, dass gebührend gefeiert werden soll. Als wir außerhalb der Hauptstadt sind und Ralf dem Mini die Sporen gibt, zeigt er sein Potenzial. Schnell wird uns klar, warum der Mini in den 60er Jahren selbst potente Rennfahrzeuge auf die hinteren Plätze verwies.

Die Ortsdurchfahrten werden zu einer Art Laola-Welle für uns. Stefan Behr hat uns nicht zuviel versprochen. Während ich mich in schnellen Kurvenfahrten an dem dicken Hanfseil am Dach festhalte, hat Ralf ein paar Plätze gut gemacht. Wir befinden uns direkt hinter einem rund drei Millionen teuren Ferrari 275, ebenso rot wie unser Brite. Im Fussball sagt man „Geld allein schießt keine Tore“, bei uns heißt es, „mit Geld kann man keine Sympathie kaufen“. Natürlich wird der Ferrari fotografiert, hey, es ist ein knallroter Ferrari der soviel kostet wie eine ganze Reihenhaus-Siedlung, von Hausnummer 1-11, zumindest in den Örtchen durch die wir fahren.

 

Und dann kommen wir, Ralf kündigt uns schon vor der Kurve mit leichten Zwischengas-Schüben an. Wie ein Musiker auf der Langflöte, in unserem Fall eine lange Auspufftröte, signalisiert er im Stile eines Kavallerie-Horns, „Achtung, der Rallye Monte Carlo-Sieger kommt!“. Die zahlreichen Menschen am Wegesrand danken es mit winkenden Armen, freudigen Gesichtern und teils auch mit nackten Oberkörpern.

 

Zur Zielankunft des ersten Tages öffnet der Himmel seine Schleusen und mein Einsatz kommt. Also nun noch neben Karten lesen, Zeiten ausrechnen, ständig irgendwie Halt suchen, da die Sitzschale nicht nur unbequem ist, sondern auch nur soviel Seitenhalt bietet, wie eine aufgestellte Luftmatratze, das Knöpfchen für die Wischer aktivieren. In der Dunkelheit und Aufregung vergreife ich mich natürlich, wundere mich dass nichts passiert. Ralf schaut mich an „Was ist mit den Wischern, ich sehe kaum noch was“, das klingt ungünstig, ich sehe auch kaum noch etwas. Der nächste Hebel bringt Klarheit, die Miniatur-Wischblätter treten nun in Aktion, so geruhsam als hätte jemand zur entspannten TeaTime gerufen.

Der erste Tag ist geschafft, ich bin es auch. Die leicht gebückte Sitzhaltung hat mich geschafft. Über dem Kopf ist ein Staufach montiert, daher muss der Kopf leicht nach vorne gebeugt werden. Der Sitz selbst ist fest arretiert. Du passt da rein, oder eben nicht. Nur mit einer Stahlkurbel lässt sich die Rücklehen leicht verändern, natürlich nicht merklich. Dazu die Beine ständig angewinkelt, so kauert man mehrere Stunden, als würde man versuchen, wie Houdini in einer Holzbox sitzend auf das große Finale zu warten um am Ende oben raus zu springen.

 

Am kommenden Tag tauschen wir die Rollen. Wie war das, beim Starten nicht so viel Gas geben, sonst läuft zu viel Sprit durch die offenen Vergaser und der Motor verschluckt sich. Blubb. Schon passiert. Beim zweiten Versuch läuft der kleine 1.071 CCM Motor mit 90 PS rund. Naja, rund ist eventuell nicht das passende Wort. Er spuckt und faucht, hat dabei einen unrunden Leerlauf den nur Auto-Maniacs genial finden und die Häärchen am Arm senkrecht hochstehen lassen. Das sind gelebte Emotionen.

 

Ohne rechten Außenspiegel und praktisch ohne Kupplung starten wir in den Tag. Das der Außenspiegel bei diesem rechtsgelenkten Mini fehlt, daran gewöhnt man sich recht schnell. Warum auch nach hinten schauen, schließlich sitzen wir in einem echten Rallyeauto, da geht’s meist nach vorne, oder quer. Zumindest wenn ich mit der linken Hand die Gänge richtig sortiert bekomme. Die Kupplung ist schon etwas mitgenommen und das unsynchronisierte Getriebe will die Gänge nur mit Zwischengas einsortieren. Da die Kupplung im ersten Gang nicht richtig trennt, geht dies manchmal nur mit einem lauten „Ratsch“. „Der ist drin“, rufen fröhliche Menschen am Wegesrand und winken.

Auch heute stehen wieder zahlreiche Oldtimerfreunde am Wegesrand und feuern uns an. Während ich die MINI Cooper Works Replica um die Ecken dresche, macht Ralf Bekanntschaft mit dem Hanfseil. In der rechten Hand irgendwie das Roadbook festhalten, navigieren, Halt suchen und links das Seil umklammert. Speziell dann, wenn man etwas zu weit nach links kommt. In Deutschland einen Rechtlenker fahren ist dann doch etwas ungewohnt und wenn man sporadisch etwas leicht nach links zuckt, schauen die dann großen Augen von Ralf genau in die entgegenkommenden Scheinwerfer der LKWs. Da ich meinen Beifahrer doch gut leiden mag, orientiere ich mich eher am rechten Straßenrand und nicht an der Mittelspur.

 

Sicherlich ist es nicht vergleichbar mit dem Monte-Sieg der „Drei Musketiere“ getauften Mini Rallyefahrer Mäkinen, Aaltonen und Hopkirk im Jahr1966, als sie in dieser Reihenfolge auf den Plätzen 1-3 ins Ziel kamen. Ein wenig umweht uns dennoch das Gefühl „es geschafft zu haben“, in unserem Mini Cooper Works Replica, als sich nach drei Tagen am Hamburger Fischmarkt im Ziel die Flagge senkt. Umjubelt von mehreren hundert Menschen mit denen wir eines gemeinsam haben, die Freude an der roten Knatterbüchse, dem Mini Cooper S Works Replica.

Mehr Hintergründe zum classic Mini und seinem Rallye Monte Carlo Auftritt gibts hier!

Und wer wissen möchte wie sich der neueste Spross fährt, der Mini Clubman, kommt hier zum Fahrbericht!

Text: Bernd Schweickard

© Foto: Gudrun Muschalla für BMW (6), Bernd Schweickard

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