Ferrari Racing Days Hockenheimring

Buona Notte Ferrari!

Als Mitte der 1990er Jahre die Ferrari Racing Days mit Zugpferd Michael Schumacher ins Leben gerufen wurden, war das eine Art Volksfest. Zuschauer pilgerten in Massen zur Rennstrecke um „RedPassion“ live erleben zu können. Ferrarifahrer und normale Besucher feierten Zusammen „ihre“ Leidenschaft zur Traditionsmarke aus Maranello.

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Auf der Strecke wurde auch etwas geboten, interessante Rennen und Demoläufe, mit neuen Fahrzeugen und klassischen Ferrari, die sonst eher in klimatisierten Garagen stehen. Dazu kamen auch viele Gäste mit klassischen Ferrari angefahren. Dino, 250 GT, 288 GTO, 365 GTC, eine Augenweide und gelebte Emotion. Dazu Verkaufsstände für die normalen Zuschauer, um sich wenigstens ein Tshirt oder einen Prospekt vom Traumwagen kaufen zu können.

 

Das alles ist vorbei! Die Ferrari Racing Days im Jahr 2016 hinken den früheren Veranstaltungen so weit hinterher, wie Sebastian Vettel im aktuellen Ferrari F1 den Rennboliden von MercedesGP.

 

Am Samstag wurde je ein Rennlauf der Ferrari Challenge Coppa Shell und Trofeo Pirelli ausgetragen. Das war ungefähr so würzig, wie ein Teller Spaghetti mit Bolognesesauce an einer Autobahnraststätte. Alles sehr neutral, nett, wenn Hobbypiloten als Rennfahrer auf die Strecke gehen.

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Beim hauseigenen „XX-Programm“ fahren die Sonderversionen FXX, 599 XX und La Ferrari in einer Art Demolauf. Nur wer schon zig Ferrari bestellte und laut Ferrari „gut genug“ war, durfte einen Millionenbetrag nach Maranello überweisen um eines der Fahrzeuge sein Eigen nennen zu dürfen. Mit dem Fahrzeug nimmt man dann an einem Forschungs- und Entwicklungsprogramm teil. In der Wirklichkeit heißt das, Kunden, internationale Geschäftsmänner, fahren im Millionenobjekt fast mit Schritttempo über die Rennstrecke. Zu zweit im Auto, wichtig dabei auch das Smartphone, um sich selbst zu filmen. Teilweise waren diese Leute mit ihren bis zu 800 PS starken Ferrari so langsam, dass ich mit der Kamera kaum sportive Mitzieher aufnehmen konnte, weil ich mich so langsam gar nicht drehen kann. Da fragt man sich, wenn nicht hier auf der Rennstrecke, wo dann möchte man einen 800 PS High-Tech Boliden zügig bewegen?

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Danach folgte das Highlight für Fans, die bis zu 25 Euro für eine Karte zahlen mussten, die F1 Rennboliden vergangener Tage, speziell aus der Schumacher-Ära. Alleine beim Anblick der roten Diven in der Box wird bei jedem Ferrarista in Millisekunden aus Blut Adrenalin, das Herz pocht, Emotionen, oder wie der Italiener sagt, Passione Ferrari.

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Auf der Strecke war es ein Genuss die alten Motoren zu hören. Das Kreischen der Triebwerke, dieses Fauchen, dieses abartige was die Formel 1 früher Tage ausmachte. Jedoch dauerte dieser epische Moment nur kurz. Schon nach wenigen Runden schmiss einer der betuchten Hobbypiloten sein Auto weg und es wehten die roten Flaggen, Rennabbruch.

 

Nun gut, kann passieren, dann die Zeit nutzen und sich ein wenig in den Boxen umsehen. Noch keine 10 Minuten fotografiert und fasziniert von der Anzahl der LaFerrari und XX Modelle, wurde man aufgefordert die Box zu verlassen. Mittagspause. Mittagspause? An einer Rennstrecke in der Box?

Das war der Moment um direkt wieder nach Hause zu fahren.

Vorbei an dem für Ferrari reservierten Parkplatz der Gäste, auf dem nur noch Neuwagen oder neue Gebrauchte standen.  Wie durch ein Wunder haben sich 2-3 Fahrzeuge aus den 80er Jahren dorthin verirrt. Ein lieblos gestaltest Fahrerlager, gänzlich ohne Merchandise Stände, eine Nachfrage beim Ferrari „Infopoint“ ob es etwas gäbe, wurde mit Schulterzucken beantwortet. Ok, wieso soll man am Infopoint auch etwas wissen. Verrückte Idee von mir dort zu fragen.

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In Summe sind die Ferrari Racing Days 2016 nichts anderes, als eine triviale Marketingumsetzung für Ferrarifahrer, die sich gegenseitig ihre roten Lieblinge zeigen. Der normale Fan, der zahlende Besucher, irgendwie stört dieser nur. Kein Programm, schlechte Orga, „Track Activities“ die mehr einer öden Probefahrt gleichen und gut zwei Stunden Mittagspause, in denen der Zuschauer, normale Menschen, dabei zusehen soll, wie andere mit ihrem gebrauchten Alltags-Ferrari über den Hockenheimring fahren.

 

Ferrari, alleine das Aussprechen dieses Namens sorgte bei mir früher für eine Gänsehaut. Als zahlender Fan in roter Jacke mit gelb-schwarzem Logo alles aufgekauft was der Merchandise-Stand her gab. Bis abends an der Strecke geblieben, fasziniert die Wagen angeschaut, mit Fahrern zusammen beim Bier zusammen über die Flitzer aus Maranello philosophiert. Es scheint, als sei diese Auto-Romantiker-Zeit vorbei. Das Marketing bestimmt den Event zu dem nur noch Menschen mit hochgestellten rosa Polohemdkragen kommen. Dann gehe ich lieber für den Eintrittspreis zum Italiener, bestelle einen Rotwein mit Spaghetti Alio Olio und hänge meinen schönen Erinnerungen nach, als Ferrari noch „Red Passion“ war.

 

Text: Bernd Schweickard

© Foto: Bernd Schweickard

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