Sternenhimmel über dem Hockenheimring. Nico Rosberg wächst immer mehr in die Rolle des dominierenden Piloten in der Formel 1 hinein und lässt den Mercedes Stern strahlen. Pünktlich zum 120 jährigen Mercedes Benz Motorsport Jubiläum holt er als erster deutscher Fahrer nach Michael Schumacher am Hockenheimring den lange ersehnten Heimsieg.
Rosberg: „Wow, was für ein großartiger Tag nach so vielen tollen Ereignissen für mich in dieser Woche! Ich hatte hier auf einen Sieg gehofft und es klappte perfekt. Mein Silberpfeil war so dominant, vielen Dank an das Team für dieses fantastische Auto. Vor dem Rennen war ich besorgt, dass der Abstand im Rennen ohne das FRIC-System geringer sein würde. Aber wir waren wieder einmal die Schnellsten da draußen. Ich fuhr auf einer Zwei-Stopp-Strategie, die zum Ende der Stints nicht einfach zu handhaben war, weil die Reifen fast aufgebraucht waren. Ich bin so glücklich für Mercedes: Das war der erste Sieg seit vielen, vielen Jahren in Deutschland. Vielen Dank für die Unterstützung hier in Hockenheim, die Fans waren toll. Beim Start sah ich eine La-Ola-Welle, das war großartig. Jetzt freue ich mich auf Ungarn.“
Sein Teamkollege Lewis Hamilton fuhr in einem Wahnsinns-Ritt vom Ende des Feldes bis aufs Podium. Vom Start weg machte er 17 Positionen gut und überholte 15 Autos auf der Strecke. Ein echter Racer dem auch der Schock der ausgefallenen Bremse in der Sachs-Kurve im Qualifying nichts anhaben konnte.
So war das Team-Ergebnis für MercedesGP wieder einmal berauschend. Es war der neunte Sieg im zehnten Rennen und der vierte für Nico Rosberg in dieser Saison. Gleichzeitig war es das 300. F1-Podium für einen Formel 1 Rennwagen mit Mercedes-Power im Heck.
Stimmen:
Lewis Hamilton
Zunächst einmal Glückwunsch an Nico zu seinem Heimsieg. Das ist ein besonderes Gefühl und ich bin sehr stolz, dass wir mit beiden Autos für Mercedes-Benz in Deutschland auf das Podium fahren konnten stellvertretend für all die Mercedes-Mitarbeiter und Fans hier an diesem Wochenende. Aus persönlicher Sicht kann ich nicht allzu begeistert vom Rennen sein, denn das war ein hartes Wochenende für mich. Letztlich habe ich im Kampf um die Meisterschaft weitere Punkte an Nico verloren. Ich bin aber dankbar, dass ich mit einem Podiumsplatz Schadensbegrenzung betreiben konnte. Wenn du quasi als Letzter in der Startaufstellung stehst und keine anderen Autos in deinen Spiegeln siehst, ist es schwer vorstellbar, dass du zwei Stunden später da oben stehen könntest. Ich bin dem Team so dankbar für dieses Auto. Ich ziehe wirklich meinen Hut, dass sie eine Maschine gebaut haben, die solch eine Leistung liefern kann. Um ehrlich zu sein, war es ein ziemlich geradliniges Rennen für mich. Manchmal hatte ich ein paar Probleme, allem zu folgen und zu wissen, wo genau ich beizeiten fuhr. Ich hatte früh einen schönen Kampf mit Kimi und Glück, dass ich mir dabei meinen Frontflügel nicht beschädigte. Der Zwischenfall mit Jenson war dann einfach Pech. Er war in diesem Jahr so ein Gentleman und bereitete mir beim Überholen nicht viele Probleme, aber heute war es einfach ein Missverständnis. Ich war nicht nah genug dran für einen Überholversuch, aber in der Kurve fuhr ich auf der Innenlinie. Es sah aus, als ob er zu weit rausgefahren wäre, dann stach er wieder in die Kurve zurück und hat mich dort vielleicht nicht gesehen. Wegen des Schadens verlor ich einiges an Downforce und dadurch wurde es schwierig, auf den linken Vorderreifen zu achten. Ich hatte viel Untersteuern und der Reifen baute schnell ab. Aus diesem Grund wechselten wir von einer Zwei-Stopp- auf eine Drei-Stopp-Strategie. Dann rief mich das Team auf meinem ersten Satz Option-Reifen früh rein, weil wir eine Safety-Car-Phase erwarteten – ich war ehrlich gesagt überrascht, dass es keine gab. In den letzten Runden holte ich ziemlich schnell zu Valtteri auf, aber er hatte zu viel Speed auf der Geraden um ihn überholen zu können. Ich tue alles Mögliche, um im Titelkampf wieder auf Nicos Level zu gelangen: Ich kann mich nicht noch mehr fokussieren oder härter arbeiten als ich es jetzt schon tue. Diese Meisterschaft ist eine große Herausforderung für mich, aber so liebe ich es – und ich würde es nicht anders wollen.
Toto Wolff
Das fühlt sich heute wie ein Doppelsieg an, wenn man beachtet, dass Lewis auf dem 20. Startplatz losfuhr. Es war eine magische Fahrt. Es gab ein Missverständnis zwischen ihm und Jenson, das uns das Rennen hätte kosten können. Ich weiß, dass er ein sehr wettbewerbsfähiger Kerl und nie mit Platz drei zufrieden ist. Von unserer Seite fühlte es sich aber wie eine sehr gute Leistung an angesichts dessen, wie viel auf der Strecke los war und dass wir seine Boxenstopp-Strategie ändern mussten. Nico kontrollierte das Rennen von Anfang bis Ende. Er wusste, dass die Aufgabe darin bestand, einen Vorsprung herauszufahren und das Auto heil nach Hause zu bringen – genau das tat er auch. Das war eine brillante Performance von ihm. Es war ein beeindruckendes Rennen und würdig für Deutschland; es ist deutlich zu sehen, dass der Sport lebt – und das gut. Abschließend möchte ich bei diesem Sieg zwei besondere Dinge erwähnen: Zunächst einmal widme ich den Sieg all unseren Kollegen bei Mercedes-Benz, die uns so viel Unterstützung und Hingabe gegeben haben, um dieses Level an Performance zu erreichen. Wir sind stolz, den Stern zu tragen und die beste Automarke der Welt zu repräsentieren. Unsere Gedanken sind an jedem Rennwochenende aber auch bei Michael Schumacher, der so viel für unseren Sport in Deutschland getan und so oft hier in Hockenheim gewonnen hat. Er kämpft so wie es nur Michael kann und wir senden all unsere Wünsche und Unterstützung an ihn und seine Familie.
Flashback:
Mercedes-Benz und Motorsport – von Anbeginn untrennbar verbunden
Die Marke Mercedes-Benz und ihre Vorgängermarken haben sich von Beginn an im Motorsport engagiert und die Motorsportgeschichte immer wieder mit spektakulären Erfolgen geprägt.
Emil Jellinek, Geschäftsmann und Automobilenthusiast mit Wohnsitzen in Baden bei Wien und Nizza, erhält 1897 seinen ersten Daimler-Wagen. In der Folgezeit fordert er von der Daimler Motorengesellschaft (DMG) immer stärkere und schnellere Fahrzeuge und meldet diese, um den Verkaufserfolg zu beflügeln, auch zu Rennveranstaltungen an, bei denen er unter einem Pseudonym auftritt: Er benutzt den Vornamen seiner Tochter. Durch die erzielten Erfolge ist der Name „Mercedes“ schon damals in Automobilistenkreisen in aller Munde.
Ende 1900 wird der Name auch zum Produkt- und Markennamen, als das von Jellinek initiierte Modell 35 PS, das erste Fahrzeug mit dem Namen Mercedes, präsentiert wird. Mit seinem leichten und leistungsstarken Hochleistungsmotor und dem hoch effizienten Bienenwabenkühler gilt der Mercedes 35 PS als erstes modernes Automobil und markiert einen Quantensprung der Automobilentwicklung.
Bei der Rennwoche von Nizza erzielt er spektakuläre Erfolge und macht die Mercedes Wagen über Nacht weltbekannt. 1902 folgt die offizielle Registrierung als Schutzmarke. In den Folgejahren ist die neue aus dem Motorsport geborene Marke nicht nur am Markt, sondern auch im Motorsport weiterhin außerordentlich erfolgreich. Die aktuellen Siege in der „Königsklasse“ des Motorsports setzen diese einzigartige Erfolgsgeschichte in der Saison 2014 fort.
Text: Jens Scheibel
© Foto: Bernd Schweickard