Quo Racing, DTM?
Die DTM Saison 2016 ist zu Ende und hat mit Marco Wittmann einen zweifachen Champion der DTM Neuzeit gefunden. Hinterher lässt sich immer viel spekulieren, wäre die unverdiente Durchfahrtsstrafe einige Rennen zuvor nicht gewesen, wäre Mortara dann nun der Champion. Am Ende fehlten nur vier Punkte auf Wittmann. Über die Saison hinweg gab es wie immer im Sport Höhen und Tiefen für alle.
„Das Finale am Hockenheimring war beste Werbung für die DTM!“
Klappflügel, Regeln die kaum noch ein Zuschauer versteht, Marketing, wir erinnern uns alle an das Tomczyk Interview vor kurzer Zeit, bei beiden Finalläufen war das alles passe. Auf der Rennstrecke wurde Racing geboten, eine Titelentscheidung im allerletzten Saisonlauf, spannender kann es doch nicht sein. Ein entfesselnd fahrender Mortara, Rennboliden die laut sind, Flammen aus dem seitlichen Auspuff, im Kern doch Dinge die der Racefan sehen möchte.
„DTM – woher komme ich, was bin ich?“
Dennoch liegt ein Hauch von Langeweile über der DTM. Die Tribünen bei weitem nicht so voll als noch beim Comeback von BMW in die wohl populärste Tourenwagenserie der Welt. Aber woran liegt das?
Mich selbst stört wie in vielen Rennserien das für Außenstehende oft nicht nachzuvollziehende Taktikgeplänkel. Ein Klappflügel dessen Einsatz man sich „aufsparen“ und „einteilen“ muss. Also mal im Ernst, bei einer Ballsportart wurde mal gesagt „Fußball ist kein Rasenschach“. Ähnlich verhält es sich doch hier. Racing ist purer, härter, gerade im Tourenwagensport, der zum Glück heutzutage mit extrem sicheren Autos glänzt.
Upps, da wurde einer beim Anbremsen auf die Schicke leicht „geschuppst“. Ich erinnere mich an meine Fanzeiten der alten DTM, als ich als junger zahlender Besucher gerne 50 DM ausgab, um emotional schreiend, mit vielen anderen auf der Tribüne, meine Lieblingsmarke anzufeuern, ja anzuschreien. Da blieben auch Sätze wie „Ramm das Dickschiff (Audi V8, Anm. der Red.) von der Piste“ nicht aus. Natürlich wollte ich nicht das mein Favorit den anderen von der Strecke rammt. Aber ich erinnere mich an Duelle, faire Duelle, Türgriff an Türgriff durch die S-Kurve. Tourenwagen-Kampf eben, aber fair. Klar, dass kostet, den Fahrern Nerven, den Herstellern Geld, wenn nach jedem Lauf die Autos leicht bis mittel havariert zur Box kommen.
„Der zahlende Zuschauer ist das Maß der Dinge, nicht die Marketingabteilung!“
Aber dafür gab es auch etwas zurück. Begeisternde Fans! Wenn nach einem Rennlauf Jockel Winkelhock sich erstmal eine Zigarette anzündende und aufs Dach seines BMW M3 kletterte, ein Striezel Stuck völlig überdreht und außer sich vor Freude nach einem Sieg aus dem Fenster seinen Audi V8 streckte, um brutalst auf das Dach seines Audi einzudreschen und ruft „Des is mei Audi quattro“. Oder die Mercedes Fanecke wieder euphorisch war, dass Klaus Ludwig oder Mr. DTM, Bernd Schneider, in ihren Mercedes Benz mal wieder alles in Grund und Boden fuhren. Jede Marke hatte seine Zeit der Siege, der Triumphe, ohne dass man von außen mit gefühlt 125 Regeln etwas verstellen musste.
Damals gab es auch schon VIP-Zelte und Marketing, aber es gab auch Rennsport. Und es gab viele, ganz viele zahlende Zuschauer. Das waren nicht nur Fans, dass waren auch Käufer, wie ich damals auch, als es unbedingt ein BMW E30 M3 sein musste. Die Evolutiuonsserien der Hersteller, schon ausverkauft bevor die Meldung des Sondermodells in den Automagzinen stand.
Es ist nicht alles schlecht an der DTM. Ganz im Gegenteil, es ist sogar sehr vieles gut. Schön wäre es aber, wenn man sich auf seine Basics besinne würde, mal aus den ausladenden VIP-Bauten im Fahrerlager rausschaut und den Fan wieder ein wenig mehr in den Fokus rücken würde. Spannende Rennen wollen alle und wenn das Problem darin liegt, dass ein aktuelles DTM Auto nicht mehr fahrbar wird, wenn direkt nach dem Start ein kleines von 85 Flügelchen an der Front oder Seite abfällt, dann baut direkt weniger dran. Die Fahrzeuge rutschen dann aber mehr. Ja super, ist es nicht dass was Rennsport ausmacht? Einen bockigen Boliden am Limit zu bewegen? Die Fahrer wollen doch mehr gefordert werden, die Fans wollen Racer verehren und so bekommen wir doch alle spannende Rennen und das sollte doch auch interessant für die Marketingabteilungen sein.
Ich lasse mich überraschen, ob und welche Neuerungen kommen werden und freue mich schon auf eine hoffentlich spannende DTM Saison 2017.
Text: Bernd Schweickard
© Foto: Bernd Schweickard