Um es gleich zu sagen: endlich ist der 3er-touring wieder ein Kombi, der einigermaßen tauglich ist für den Kombigebrauch und nicht mehr das Designer-Fahrzeug, mit dem kaum mehr Gerät transportiert werden kann als in den sogenannten Hatschbacks oder Fastbacks oder schlicht auf deutsch, den Schräghecklimousinen. Die scheinen nun endgültig den Weg des Endlichen zu gehen, braucht man sie doch in der Fülle der SUVs und – Crossovers überhaupt nicht mehr. Wohl aber braucht man – besonders für Deutschland – vernünftige Kombis, in die auch mal ein Kinderwagen, ein Kühlschrank oder nur einfach ein Hund reingeht.
So ist der 330d Touring der neuesten Generation nicht nur ein technischer, sondern auch ein gestalterischer Leckerbissen. Die tiefergezogene Schnauze zeigt nun ein freundlicheres Gesicht als der Vorgänger, dennoch aber energisch genug, Spurbesetzern auf der Autobahn vor einem zu signalisieren, dass die Überholspur wirklich nur zum Überholen da ist und nicht zum Rumzuckeln. Im Innenraum ist reichlich Platz gewonnen worden für die Insassen, auch die auf den Fondsitzen. Und dahinter gibt’s genügend Gepäckraum, siehe oben.
Nach wie vor die Sensation am 330d ist eindeutig der Motor. Trotz heftigster Beanspruchung, schnellen Autobahnfahrten, viel Kickdown auf zügig zu fahrenden, aber kurvenreichen Bergstraßen und Gestotterei und Rumsteherei mit laufendem Motor in den allmorgendlichen städtischen Staus verbrauchte der neu entwickelte Diesel-Sechszylinder mit nochmals um 13 auf 258 PS gewachsener Leistung im Schwerlastbereich um die 7,6 Liter, sonst eben mal 6,3, im Höchstfalle 6,6 Liter/100 km. Das sind Werte, die einen kleineren Vierzylinder vermuten lassen und weniger Leistung, weniger Höchstgeschwindigkeit und weniger Beschleunigung. Ist aber nicht so. Unter der Haube sitzt der Dreiliter-Dieselmotor und liefert trotzdem diese überragenden Dieselverbrauchswerte. BMW ist zu gratulieren für das Schnippchen, das damit unserer nimmersatten Mineralölindustrie und dem genauso geldgierigen Bundes-Steuereinzugsminister geschlagen wird.
Sei’s drum, der Fahrspaß ist im neuen 3er nicht nur erhalten geblieben, sondern eindrucksvoll gewachsen. Und das ist’s, was den Brot- und Butter-BMW ausmacht (wie er es nach der Einführung des 1602/2002 damals werden sollte, der die zweite Baureihe nach dem 1800er darstellte, die BMW wieder aus dem Nachkriegsschlamassel zog): Fahrspaß ohne Ende, Gokart-Gefühl für Rausgewachsene. Wie der 02-er der siebziger Jahre klebt auch der neue 330d auf der Straße, hat allerdings so viele PS, wie sie zu 02-Zeiten nicht einmal an einem Rennwochenende auf der Daglfinger Trabrennbar hätten eingesammelt werden können. Das macht mutig und manchmal ein bißchen so mutig, dass das Popogefühl in den langgezogenen Autobahnkurven um Geiselwind herum schon arg strapaziert wird. Aber cool, das Fahrwerk des 330d nimmt’s doch auch cool. Und meine Frau meint sowieso, in diesem neuen 3er-BMW sitzt man so entspannt wie selten in superbequemen Sitzen, die weder Wirbelsäule noch Steißbein belasten. In der Tat, auch mein von nackten Kunststoffschalensitzen geschädigtes Kreuz fühlte sich in diesem 3er-Fahrersitz ausgesprochen gut.
Das Gokart-Gefühl ist jedoch übergewechselt zum heutigen kleinen BMW, dem 1er. Beim 3er verblieben ist die Freude am Fahren, der Spaß in Kurven und das unbandige Staunen gehobener Sportwagenfahrer, an denen ein Diesel im ICE-Stil vorbeizieht. Nein, -nagelt kann man nicht mehr sagen, die neuen Sechszylinder-Diesel geben einen derart satten Sound von sich, dass sie sich in jeder Tourenwagen-Meisterschaft ja schon fast serienmäßig zeigen könnten. Und wieder einmal beweist sich, dass Strietzel Stuck bei den ersten 5er-Tests mit den großen BMW-Sechszylindern auf dem Nürburgring Recht hatte, als er – befragt zu den enormen Rundenzeiten – trocken feststellte: „Hubraum ist alles!“ Denn tatsächlich hilft der auch bei der starresten Starrachse, die es im 3er ja gottseidank nicht gibt, über die Unebenheiten des Alltages hinweg. Und BMW zeigt beeindruckend, dass Hubraum eben nicht gleichzusetzen ist mit Durst. Sh. nochmals oben.
Auch an der Ausstattung im Innenraum des 3ers gibt’s nichts zu mäkeln; perfekt abgestimmt, technisch l’art pour l’art und im finish eben bmw-like. Der Stauraum ist genauso gewachsen wie der Fahrgastraum; wer den touring nun als Transporter verwenden will, ist auch wieder bei BMW besser aufgehoben als noch bei der Vorgängerversion des 3ers. Und trotzdem kommen auch die Styling-Bewußten, die Kombi fahren wollen, nicht zu kurz.
Doch nochmal zurück zu diesem phänomenalen Motor. Knapp drei Liter Hubraum und ein Drehmoment von 560 Nm wirken wie ein Dampfhammer, der Fahrer und Mitfahrer tief in die Sitze drückt. Die damit erreichbare Spitze liegt theoretisch bei abgeregelten 250 km/h, in Winterzeiten wird wegen der Winterbereifung jedoch bei 240 gewarnt. Selbstverständlich dabei ist die Euro 5-Abstimmung, ganz und gar nicht selbstverständlich der erreichte Superwert beim CO2-Ausstoss, der mit 135 g/km den EU-Wert ordentlich unterschreitet.
Damit sorgt der BMW 330d nicht nur für mächtig viel Freude am Fahren, sondern besänftigt auch gleichzeitig noch das ökologische Gewissen. Ist er doch dank modernster Technik sauberer als so manche sparsame Dreckschleuder, die von den allzu Grünen wegen niedriger Anschaffung- und Bewegungs-Kosten bevorzugt werden.
Text: Heiner Klempp
Foto: BMW