Der Norisring in Nürnberg ist traditionell das Heimspiel, bzw. das Heimrennen von Audi im Motorsport. Die DTM gastiert dort zum dritten Halt in der laufenden Saison und Audi feiert den „1. Sieg des Audi V8 DTM“ der exakt dort vor 25 Jahren stattgefunden hat.
Im Rahmenprogramm finden die Läufe drei und vier des neuen Audi Sport TT Cup statt. Ein Markenpokal mit 24 identischen Audi TT Fahrzeugen. 18 davon sind an Nachwuchsrennfahrer aus 13 Nationen vergeben, die aus 165 Bewerbern ausgewählt wurden. Sechs Fahrzeuge werden direkt von Audi Sport eingesetzt und sind wechselnden Gastfahrern vorbehalten. Internationale Journalisten, Prominente mit Rennsport-Affinität und Rennfahrer-Legenden aus anderen Rennserien erhalten die Chance, den Audi Sport TT Cup aus der Cockpitperspektive zu erleben und Rennen im Rahmen der DTM zu bestreiten.
Wir gehören keiner der aufgeführten Kategorien an, aber um ein wenig „Audi – Norisring-Feeling“ zu erleben, reisen wir im neuen Audi TTS Coupe an. Es hat einen guten Grund, dass wir nicht die neue 1.8 l TFSI Version mit 180 PS nehmen, mit der die Motorenpalette ab Juli erweitert und das TT Coupe zu Preisen ab 32.100 Euro angeboten wird. Wir wollen mehr „Druck“. Eben wie im Audi TT Cup zu sehen.
Die TT Cup Version baut auf dem TTS auf, der 310 PS starke Zweiliter-Vierzylinder-TFSI stammt nahezu unverändert aus der Serie, so wie er auch in unserem expressiven „Sepangblau“ lackierten Testwagen pocht. Lediglich die Entlüftung des Kurbelgehäuses wurde für die im Rennsport typischen höheren Fliehkräfte angepasst. Auch die Sechsgang S-tronic wurde nahezu unverändert aus der Serie übernommen. Ein vom Cockpit aus elektronisch verstellbares aktives Differenzial sorgt für optimale Traktion an der Vorderachse.
Auf unserem Weg nach Nürnberg sind wir zuerst im Komfort-Modus unterwegs. Mit einem in der Mittelkonsole platzierten Schalter kann der Fahrer den Charakter des TTS eindeutig verändern. Ob in „Efficiency“ Sprit gespart werden soll und der TTS zum Segler avanciert, bis hin zum Sportmodus, den wir auf den letzten Kilometern vor dem Norisring aktivieren, als immer mehr „Race-Feeling“ aufkommt und wir die Rennluft schon fast riechen können.
Unterstützt wird das durch einen nun sonoren Auspuffsound, sportlich, aggressiv, dazu schaltet die 6-Gang S-Tronic in Stellung „S“ nun früher runter und gibt, ebenso beim automatisierten Raufschalten, Zwischengas.
„Die exzellent direkt übersetzte Lenkung und das ergonomisch sehr gut in der Hand liegende „S-Line“-Lenkrad zwingen uns förmlich dazu, die Autobahn zu verlassen und über die kurvige Landstraße zu fahren“.
Das Fahrwerk ist so perfekt austariert, dass sich das Leichtgewicht – der neue TT wiegt 50 Kilogramm weniger als sein Vorgänger – gefühlt noch leichter über den Asphalt jonglieren lässt. Links, rechts, über fränkische Landstraßen, ein Schild, Nürnberg noch 25 Kilometer, wieso nur noch so kurz? Wir haben uns eben erst warm gefahren.
Auf der Landstraße kann der TTS seine Dynamik voll ausspielen. Der neu entwickelte quattro-Antrieb bringt sicheren, sportiven Fahrspaß auch für Nicht-TT Cup Piloten auf die Straße. Je nach Stil des Fahrers und Stellung der Regelsysteme steuert die Allradsoftware die hydraulische Lamellenkupplung ganz unterschiedlich – vom stabilen bis zum hochemotionalen Handling.
Die Kupplung kann die Antriebsmomente schon dann teilweise von der vorderen an die hintere Achse umleiten, wenn der Fahrer bei sportlicher Fahrweise einlenkt. Sobald er Gas gibt, drücken die Kräfte das Auto förmlich in die Kurve hinein – spontan, ohne jedes anfängliche Untersteuern. Beim Lastwechsel dreht sich das Coupé gezielt in die Kurve ein. Unter Last erlaubt die Kupplung im Zusammenspiel mit der radselektiven Momentensteuerung auf einer Fahrbahn mit geringem Grip kontrollierte, sichere Drifts im Heckantrieb-Stil, am Ende der Kurve zieht die Vorderachse das Auto wieder gerade.
Ein Vorteil für die Fahrer des Straßen Audi TTS wie uns: Wir können uns auf den quattro-Antrieb verlassen, während die Profis im TT Cup mit Frontantrieb und einem Vorderachsdifferenzial auskommen müssen.
Auch wenn der Renn TT nahe an der Serie ist, natürlich ist es innen nicht so angenehm wie in unserem TTS. Während die ambitionierten Rennfahrer auf dem harten Audi PS1 Sicherheitssitz aus dem Audi R8 LMS ultra sitzen, werden wir von den im TTS serienmäßigen S- Sportsitzen mit stärker konturierten Wangen empfangen.
Gut verzurrt fällt unser Blick geradeaus auf das neue „Audi virtual cockpit“. Sein TFT-Display mit 12,3 Zoll Diagonale hat eine hohe Auflösung von 1.440 x 540 Pixel, es ist gestochen scharf, brillant und kontrastreich. Trotz starkem Sonnenschein am Rennsonntag sind keine Spiegelungen auf den Anzeigen und es ist jederzeit exzellent ablesbar. Die Bedienung fällt am Anfang etwas schwer und ist ohne Einlesen in die Bedienungsanleitung kaum möglich. Das von Knöpfen und Schaltern stark reduzierte Interieur ist erstklassig, wenn man es verstanden hat. Vorher ist es eher wie der Titel eines Edgar Wallace Films: „Das Geheimnis der Tür mit den sieben Schlössern“.
Vor Ort am Norisring wird schnell klar, warum es sich hier um das Audi „Heimspiel“ handelt. Überall Renn-Fans mit Fahnen, auf denen die vier Ringe zu sehen sind. Ein extra Audi Mitarbeiter-Pavillon steht im Fahrerlager und natürlich auch eine TT Cup Team Hospitality. Dort dürfen wir vollends in das Audi Universum eintauchen. Begleiten ein Wochenende die beiden Rennen – zum Bericht geht es hier – und sprechen mit den prominenten Gaststartern wie Fürst Albert von Thurn und Taxis. Das Interview ist hier nachzulesen.
Ähnlich schnell wie die je 30-minütig andauernden Rennen der TT Cup Serie geht auch das Wochenende vorbei. Am Ende fragen wir uns: Ist der neue Audi TTS der bessere Porsche Cayman? So direkt kann man die Frage gar nicht beantworten. Fahrdynamisch ist der TTS. Er spurtet in 4,6 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h und liegt hier sogar im Bereich eines 911 Carrera S direkt am Porsche dran. Der Porsche hat natürlich den Mythos seines Namens und im Falle des Cayman eine leichte Einschränkung im Alltag, besonders bei den Platzverhältnissen. Der TTS bietet innen ausreichend Platz und sein Kofferraumvolumen mit 305 Liter ist für diese Fahrzeugklasse auch ausreichend und praktisch. So punktet er nicht nur auf der Rennstrecke, sondern auch im Alltagseinsatz.
Und als am Ende des Wochenendes die Rennfahrer verschwitzt aus ihrem TT Cup Fahrzeug steigen, hat sich auch unsere Frage geklärt, ob wir gerne die Rolle tauschen würden. Als wir uns gemütlich in unsere Leder-Sportsitze zurückfallen lassen, per Drive Select dem TTS wieder seinen gemütlichen Charakter verpassen und leise dem souveränen Klicken des Drehknopfes auf der Mittelkonsole lauschen.
Obwohl der TT in seinen Grundzügen nun schon 20 Jahre alt ist, ist diese dritte Generation so am Puls der Zeit, als sei er heute erfunden worden.
Einfach ein „Toller Touren Sportler“ oder kurz, TTS!
Text: Bernd Schweickard
(c) Foto: Bernd Schweickard
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