Genau wie Mercedes hat Audi auch eine S-Klasse. Bei Audi allerdings steht das S allerdings nicht für Superluxus und supergroß, sondern für superstark, superschnell und superelegant. Der S5 ist da eines der besten Beispiele. Mit 340 PS katapultiert der Motor das Coupé egal von wo und egal wohin, aber in Windeseile.
Keine Frage, der S5 ist wie sein Stammesvater A5 eines der „plus chics“ Coupés, das ich kenne. Die Seitenlinie macht ein wahres Coupé aus, gleich, auf welcher Plattform aufgebaut. Da blitzt ganz gehörig italienisches Stilempfinden durch, erinnert an die Beaus der frühen italienischen Karosserieshows, auf denen Pininfarina, Guigaro, Ghia und Kollegen mit faszinierenden Coupéschnitten glänzten. Und wenn jenes Coupé aus Ingolstadt nun mit seinem neu gestylt immer noch etwas asiatisch anmutenden Tagfahrlicht daher kommt, hat es nicht nur ordentlich Überholprestige auf der Autobahn, sondern dank seiner Linie auch die Sympathien der Überholten auf seiner Seite.
Ebenso wenig Diskussionen wie die Silhouette des S5 lässt seine Motorisierung zu. Der Dreiliter-Direkteinspritzer (Benzin!) aktiviert über die Turboaufladung eben mal lockere 245 kw, was 340 bayerischen Brauerei-Pferdestärken entspricht. Nur mit solchen Kraftstrotzen ist das Drehmoment zu vergleichen, das dieser Motor entwickelt und mit dem er den S5 in allen Fahrbereichen erhaben versorgt: 440 Nm zwischen 2.900 und 5.300 U/min steht im meist gebrauchten Drehzahlbereich zur Verfügung. Damit sorgt Audi im S5 nicht nur für eine enorme Leistungsbandbreite, sondern gleichzeitig auch für unerwartet niedrige Verbräuche sowie für eine Einstufung der Abgaswerte in Euro 5. In Worten bedeutet diese Leistung eine Beschleunigung auf 100 km/h in weniger als 5 sec. und die Erfordernis der Abregelung der V-max bei 250 km/h (was logischerweise sinnvoll ist, denn so freie Autobahnen gibt es wahrscheinlich nicht mehr, dass man an diesen Wert herankommt oder ihn sogar überschreitet).
Edel lederbekleidete Sitze mit S-formatigem (statt erst-klassigem) Seitenhalt, griffig kleines Lederlenkrad mit Schaltwippen links und rechts für die „S tronic“ und jene Taste, die aus dem S5 einen Beinahe-Sports-GT macht, lassen Renngefühle aufkommen und den Wunsch nach einem Fahrer-Overall. Logisch, dass zu einem solchen Motor und einem noch solcheren Fahrwerk das Sportdifferential dazu gehört und der Audi-eigene quattro-Antrieb. Da würde einem sogar am pikes peak nichts mehr aus der Bahn werfen.
Das alles erlebt man im S5 ohne brachiale Verbräuche, auch wenn ich an die DIN-Messungen nach EC-Vorschrift von durchschnittlich 8,1 l nicht herangekommen bin. Unter zehn Liter für S-gemässen Fahr- und Beschleunigungsstil jedoch ist ein Wert, der bei 340 PS und 440 Nm bestimmt nur Verbrauchs-Understatement verrät.
Für’s normale Leben allerdings sind die besonderen freundlichen Helfer erwähnens- und lobenswert, mit denen der Test-S5 ausgestattet war: Navi-, Media- und Kommandozentrale der neuesten Version für alle möglichen Funktionen wie im Flugzeug-Cockpit, aber viel, viel einfacher. Einparksystem, Spurassistent, adaptives Licht, Tempomat und dynamische Lenkung. Alles vorhanden. Und dazu auch noch der Notbremsassistent, der ab einer Geschwindigkeit von 30 km/h abwärts sogar eine Vollbremsung einleiten kann. Fehlte nur noch der Autopilot. Aber der, denke ich, läßt auch nicht mehr lange auf sich warten. Braucht man nur noch einen Barcode auf dem Auto, damit das Lkw-Mautsystem, das ja ohnehin nicht nur für Lkws vorgesehen ist, bei Geschwindigkeitsüberschreitungen oder anderen Verkehrsdelikten Herrn Schäuble gleich die Abbuchungsdaten für das Strafmandat durchgibt. Und das Nachtsichtgerät, das es sicher auch als Sonderausstattung für den S5 gibt, nachdem es auch schon im A8 und im A7 eingesetzt wird. Das hilft bei Nacht und lange schon, bevor das menschliche Auge was erkennt, Hindernisse, Personen, Zweiradfahrer oder ähnlich agierendes Wildgetier zu erkennen und ihm rechtzeitig und sicher auszuweichen.
Zum Komfort ist nicht viel zu sagen; S steht halt auch hier für „super“. Weit ausladende Türen mit dem kleinen Höflichkeitsklack, der die Fenster einen Spalt breit öffnet, damit die Türen beim Schließen wieder satt in die Füllung fallen. Der Einstieg nach vorn ist äußerst bequem; nach hinten allerdings haben es sogar etwas kürzere Menschen trotz der höflichen Sitzverschiebung recht schwer. Aber Coupés kauft man sich ja auch nich, um ständig erwachsene Passagiere auf den Rücksitzen mitzunehmen.
Möbliert – wie schon besprochen — vom Feinsten, macht das Reisen und das beiläufig dazu gehörende Kommunizieren mit Beifahrern oder Zuhörern auf langen Reise wie auch auf kurzen Strecken so viel Spaß, daß man gerne mal einen Umweg fährt. Platz fürs gepäck dafür gibt’s reichlich, der Kofferraum öffnet auf Knopfdruck einen weiten Schlund mit Platz für das Gepäck von mehr Personen als im Coupé selbst mitfahren können.
Wieder ein Konkurrent zu meinem Traumwagen, einem echten Gran Turismo italienischer Abstammung.
Text: Heiner Klempp
Foto: Audi