Infiniti Q30

Fashion Victim

Gehen wir heute klassisch schwäbisch oder lieber zum Asiaten? Diese Frage stellt sich in Zukunft nicht nur in der Gastronomie, sondern auch in der automobilen Kompaktklasse. Die japanische Premimmarke Infiniti möchte nicht nur, sondern muss in Deutschland mehr Autos auf die Straße bringen. Mit bisher knapp 1.000 verkauften Autos in diesem Jahr und nur sechs Händlern, ist das sicherlich für eine junge Automarke kein schlechtes Ergebnis, dennoch muss die Marke präsenter auf den Straßen werden. Mit dem Q50 hat man einen entsprechenden Schritt getan, nun soll es in die hart umkämpfte Kompaktklasse gehen.

 

„Der neue Infiniti Q30 ist ein visuelles Fest fürs Auge.“

 

Der Infiniti Q30 Sports Active der auf der diesjährigen IAA präsentiert wurde, ähnelt sehr der vor zwei Jahren vorgestellten, stylischen Studie. Zum Glück, denn die Designer haben der Q30 Karosserie eine Linienführung verpasst, die es so in dieser Fahrzeugklasse bisher noch nicht gab. Weiche Rundungen und harte Kanten geben sich mehrfach die Klinke in die Hand. Ein Fest fürs Auge wie sich das Tageslicht an der portugiesischen Küste bei Cascais in ständig neu entdeckten Kanten und Linien bricht. Von dem „Kimono-Schwung“ an der C-Säule ausgehend schauen wir der faszinierenden Karosserie entlang auf die Weite des Meeres. Die Infiniti Designer haben es geschafft, die Ambivalenz des Wassers, die seichten Wellen die sich am Ende hart am Felsen brechen, in eine Karosserieform zu übertragen.

 

Unter das „Lifestyle-Blechkleid“ packen die Ingenieure von Infiniti bewährtes aus dem Land der Autofahrer. Als Basis agiert hierbei die Mercedes Benz A-Klasse. Wenn man schon den gesamten Unterbau übernimmt, selbst die Karosse ist mit ihren Maßen praktisch identisch, so übernimmt man idealerweise auch die Motorenpalette. Allerdings sind zum Start mit drei Diesel Versionen und zwei Benzinern nicht alle in der A-Klasse lieferbaren Antriebseinheiten zu bestellen. Einer der Motoren stammt zudem aus dem Hause Renault.

 

Wir bewegen bei unserer ersten Testfahrt mit dem Q30 die Einstiegsvariante mit 1.5 Liter Hubraum und 109 PS. Das klingt im ersten Moment nicht nach einem flotten Fahrgefühl, was im Gegensatz zur schnittigen Karosserie stehen würde. Und diese erscheint in Liquid Copper, eine der neuen Infiniti-Lackierungen, besonders schnittig. Zu unserer Überraschung lässt sich der Q30 in dieser Basismotorisierung nicht nur flott durch die pulsierende Metropole Lissabon bewegen, sondern marschiert auch agil die Steigungen im Hinterland empor. Dabei lässt sich das manuelle 6-Gang-Getriebe exakt schalten. Für die höheren Motorversionen mit 170 PS und 211 PS ist auch ein DCT 7-Gang-Doppelkuplungsgetrieeb lieferbar.

 

Ähnlich sanft wie die designten Schwünge in der Karosserie, fährt sich der Q30. Er ist sehr soft abgestimmt, was nicht bedeutet, dass er wackelig auf seinen 18-Zoll-Rädern steht. Es ist mehr ein angenehmes, entschleunigtes Gleiten, unabhängig davon ob die Straßen auch mal über Bodenwellen oder Schlaglöcher verfügt. Das unterstreicht den harmonischen Gesamteindruck den der Q30 hinterlässt. Sportlichkeit gibt es im Q30S, dem aktuellen Topmodell mit 211 PS bei dem dann das DCT und auch ein Allrad-Antrieb serienmäßig sind. Dazu sind die Dämpfer straffer abgestimmt und die Karosserie liegt 15 Millimeter tiefer als beim normalen Q30.

 

Der im britischen Nissan Werk Sunderland gebaute Q30 lässt keine Verarbeitungsdefizite erkennen und könnte auch direkt neben seinem schwäbischen Bruder im Autohaus stehen. Im Interieur ist die Verwechslungsgefahr auch recht hoch. Schalter, die komplette Armatur der elektrischen Sitzverstellung, aber auch weitere Taster und Hebel sind baugleich wie in der A-Klasse. Dennoch wirken sie im Q30 anders, was natürlich an einer anderen Geometrie im Innenraum liegt. Auch hier sind es fließende Formen die ineinandergreifen, ähnlich wie bei der Karosserie, die am Ende ein Ganzes bilden und überproportional harmonisch wirken. Nur etwas eng und eingebaut geht es zu, eigentlich ein typisches Merkmal von BMW. Wem das gefällt wird sich im Q30 sicher wohl fühlen. Dazu extra aufgepolsterte Sitze, Premium-Materialien und einen Touchscreen Monitor, mit dem sich das bekannte Mercedes-Infotainment-System besser, vor allem intuitiver bedienen lässt. Zusätzlich werden der Dachhimmel und die A-Säulen mit einem nach Wildleder anmutenden Material aus der Fashion-Industrie überzogen. Haptik affine Menschen kommen hier voll auf ihre Kosten.

 

„Das Beste oder Nichts“ – passt auch zum Infiniti Q30

 

Die Frage wird am Ende sicherlich nicht lauten, „Ist der Infiniti Q30 die bessere A-Klasse?“. Dafür sind nicht nur die Fahrzeuge zu verschieden, wohl auch die Zielgruppe. Während die A-Klasse sehr sportlich ausgelegt ist und ihren Kundenkreis aus Menschen anzieht, die „ihren Daimler“ wollen, verfolgt der Q30 die Lebensphilosophie der Generation X und Y. Er ist das designte Architektenhaus am Meer auf vier Rädern. Für Menschen die nicht auf Statussymbole setzen, sondern ein Premiumprodukt suchen, das ihre Wünsche und Anforderungen kongenial abbildet. Und wenn man dabei je nach Ausführung noch bis zu 5.000 Euro sparen kann, dürfte der erste Kompaktwagen von Infiniti, der zu Preisen ab 24.200 Euro beginnt, mehr als nur eine Alternative sein.

 

Zum Start, bestellt werden kann ab sofort, erste Auslieferungen sollen ab Januar 16 erfolgen, bietet Infiniti eine limitierte Q30 „City Black Edition“ an. Zu Preisen ab 31.670 Euro ist ein Alcantara-Interieur mit lila Nähten verbaut, ein dunkelgrauer Frontgrill und Karosserieteile in schwarzem Lack, dazu zweiteilige Aluminiumfelgen mit violetten Akzenten. So wird er zum perfekten Fashion Victim in der Kompaktklasse.

Text: Bernd Schweickard

© Foto: Infiniti (3), Bernd Schweickard

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