65 Jahre VW Bus

In zwei Tagen ist es soweit, dann wird in Amsterdam, am Vorabend des Niederländischen Auto Salon „AutoRai“, die neueste Version des VW Bus enthüllt. Intern uncharmant „T6“ genannt, wird er im Volksmund liebevoll „Bulli“ gerufen.

 

Vor 65 Jahren, am 8. März 1950 war es soweit, es startete die Produktion des allerersten VW Bus. Über sechs Jahrzehnte und fünf Modellreihen war er mehr als einfach nur ein Transporter. Er war und ist eine Art Familienmitglied. Und jede Generation kann mit ihm etwas verbinden. Die Großeltern aus der Wirtschaftswunderzeit, die Eltern in den 70ern, mit ihrem knallbunt lackierten „Love Bus“ und meine Generation, in den 80ern, Anfang 90er Jahre, als Fahrzeug in Nato-oliv beim Grundwehrdienst der Bundeswehr.

 

Weltweit gibt es tausende Geschichten die mit dem VW Bus verknüpft sind. Und alle hatten einen Ursprung, als 1947 der holländische Autoimporteur Ben Pon im Volkswagenwerk einen Plattenwagen sieht und anschließen auf einen Notizzettel die Umrisse eines Transporters mit Käfergenen zeichnet.

 

Zwei Jahre später präsentiert Volkswagenwerk-Geschäftsführer Heinrich Nordhoff vier Prototypen: zwei Kastenwagen, einen Kombi und einen Kleinbus. Einer davon geht an den Parfümhersteller 4711 in Köln. Kompromisslos und robust wie der Käfer werde auch der Transporter sein, verspricht Nordhoff: „Diese Wagen werden nicht mit Glacé-Handschuhen angefasst, sondern grob und rücksichtslos behandelt.“

 

Die Konstrukteure verwenden Motor und Achsen des Käfers. Statt des Zentralrohrrahmens bekommt der Bus eine selbsttragende Karosserie, die auf einem Leiterrahmen sitzt. Der Motor hat 1131 ccm Hubraum und leistet 18 kW bei 3300/min. Der Bus befördert bis zu acht Personen. Mit ein paar Handgriffen lassen sich die beiden hinteren Sitzreihen ausbauen, um rund 750 Kilogramm Nutzlast zu befördern.

 

„Demgemäß“, schwärmte Alfred Haesner, von 1948 bis 1952 Leiter der Technischen Entwicklung der Volkswagenwerk GmbH. „ist dieser Nutz-Lieferwagen-Typ verwendbar für alle Geschäftszweige, Eiltransporte und Speditionszwecke, zum Beispiel als Kleinomnibus, als Sonderfahrzeug, als Postwagen, als Krankenwagen, als fliegende Station.“

 

Die Serienproduktion startet am 8. März in Halle1 des Wolfsburger Volkswagen Werks mit täglich zehn Wagen.

 

Ende 1950 sind bereits 8001 Transporter gebaut. Die Nachfrage ist riesig, zumal er für Handwerker und Händler mit Preisen ab 5.850 D-Mark erschwinglich ist. Schnell wird das einzigartige Auto zum Exportschlager. Die VW-Busse transportieren einfach alles: Schrott und Schutt, Mörtel und Mauersteine, Brötchen und Bohnerwachs, Zigarren und Zeitungen – einfach alles, was dass das „Wirtschaftswunder Deutschland“ braucht.

 

Schon 1951 steht auf der Automobilausstellung in Berlin ein Volkswagen Bus mit Camping-Box. Der Lieferwagen mit Heckmotor verspricht plötzlich eine ganz andere Art des Reisens. Erst einmal über die Alpen. Und retour. Später bis nach Indien, als auch Hippies den Bulli für sich entdecken.

 

Vier Jahre nach Produktionsstart läuft in Wolfsburg der 100.000ste Volkswagen-Transporter vom Band. 30 verschiedene Modelle gibt es inzwischen. Die Tagesproduktion in Wolfsburg liegt bei 80 Fahrzeugen. Mehr geht nicht, denn das Werk ist schon wegen der Käferproduktion ausgelastet. Es wird immer deutlicher: Der Transporter braucht ein eigenes Werk.

 

Bereits Anfang März 1955 ist Baubeginn in Hannover-Stöcken, das Werk wird in nur einem Jahr aus dem Boden gestampft. Im März 1956 rollen hier die ersten Transporter „Made in Stöcken“ vom Band. Es ist zugleich der Start eines künftigen Symbols der „Wirtschaftswunderjahre“.

 

In Brasilien wurde der T2 sogar noch bis Ende 2013 weiter gebaut. Stetig optimiert, aber von den Grundzügen unverändert, ist letztlich am 20. Dezember 2013, nahe der brasilianischen Metropole Sao Paulo, der letzte T2 vom Band gelaufen. Das Ende einer schier unglaublichen Erfolgsgeschichte. Denn im Volkswagen Werk Anchieta hatte 1957 mit dem Produktionsbeginn des T1 und 1975 mit dem weiterentwickelten T2 wahrscheinlich keiner gedacht, dass dies der Beginn einer jahrzehntelangen Erfolgsgeschichte sein würde: in den schier unglaublichen fünfeinhalb Jahrzehnten liefen durchschnittlich 20.000 Modelle jährlich vom Band.

 

Den Schlusspunkt setzt eine eigens zu diesem Anlass hergestellte „Last Edition“ – Die Kleinserie bietet exklusive Ausstattungsdetails, wie eine spezielle zweifarbige Lackierung, ein luxuriöses Finish im Innenraum und Designelemente, die an die verschiedenen Versionen erinnern, die seit 1957 gefertigt wurden. Eine rollende Reminiszenz an zwei automobile Klassiker, die zugleich mit all ihrer Vielseitigkeit und Sympathie die Großväter der heutigen Modelle von Volkswagen Nutzfahrzeuge sind. Limitiert wurde dieses Sondermodell auf schließlich 1.200 Exemplare – nachdem die anfänglich geplanten 600 Modelle deutlich schneller als geplant vergriffen waren.

 

Einzig die Nummer 1.200 stand nie zum Verkauf. Sie wurde sorgsam verpackt und per Seefracht auf ihren letzten Weg gebracht. Eine Rückkehr zu den Wurzeln: In die Ausstellung der Oldtimer Werkstatt von Volkswagen Nutzfahrzeuge in Hannover.

 

Insgesamt wurden weltweit bis heute fast elf Millionen Fahrzeuge der T-Baureihe in bislang fünf Generationen produziert. In zwei Tagen erfolgt die Weltpremiere der sechsten Generation.

 

Text: Bernd Schweickard

(c) Foto: VW (2), Bernd Schweickard

 

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