Letztes Jahr feierte der Ur-Elfer das große 50 jährige Jubiläum, in diesem Jahr feiert der auf dem Pariser Autosalon 1974 vorgestellte 911 Turbo 40 Jahre. Dazu lädt Porsche zur neuen Bilster Berg Rennstrecke um die Modelle Turbo und Turbo S vorzustellen. Auch wenn die meisten verkauften 911 Turbo wohl auf normalen Straßen bewegt werden, dennoch trägt kaum ein anderer wie er, die Porsche-„made for Racetrack“-Gene in sich. Und davon dürfen wir uns heute überzeugen. Ein Porsche Junior Werksrennfahrer übernimmt die Rolle des Instruktors. Anschließend soll sich die Möglichkeit einer Mitfahrt ergeben, klingt im ersten Moment nicht so spannend, aber nur so lange, bis man weiß das der Fahrer Walter Röhrl heißt.
Der Puls steigt, so widme ich mich erstmal dem Fahrzeug. Größte Neuerung ist die aktive Hinterachslenkung die bereits im neuen GT3 verbaut wurde. Diese bringt auf der Nordschleife einige Sekunden mehr, als ein vergleichbarer Turbo ohne lenkende Hinterräder.
Sie ist so konstruiert, dass sich die hinteren Räder bei einem Tempo unter 50 km/h um bis zu 2,8 Grad entgegen der Vorderräder eingeschlagen lassen. Dadurch wird der Radstand fiktiv verkürzt und der Turbo kann sehr enge Radien fahren. Bei höherem Tempo lenken die Hinterräder wie die Vorderräder, wodurch sich eine imaginäre Verlängerung des Radstandes ergibt. Dadurch wird er stabiler und liegt noch satter auf der Fahrbahn.
Dazu kommen die variablen Spoiler. Klar, ausfahrbare Heckspoiler sind bekannt, neu ist der dreiteilige Frontspoiler. Im Normalzustand sind diese drei Flügel eingeklappt und erhöhen damit auch den Neigungswinkel, praktikabel für Fahrten in die Tiefgarage. Ist der Turbo und sein Pilot auf Temperatur, werden die kleinen Flaps mittels aufblasbaren Schläuchen in Position gebracht, und erhöhen deutlich den Anpressdruck und die Stabilität an der Vorderachse. Das probieren wir nun aus.
Unsere Gruppe hat sich hinter dem Instruktorfahrzeug eingereiht. Persönliche Fahreinstellungen sind in der nahezu an Perfektion grenzenden Porsche-Ergonomie-Welt schnell erledigt. Nun geht’s raus aus der Box und direkt nach zwei bis drei Kurven wird klar, der Turbo verlangt bei sehr zügiger Fahrt über eine Strecke die der Nürburgring Nordschleife in nichts nachsteht, nach einer harten Hand. Zum Kuscheln ist der 911 Turbo nicht geeignet. Dennoch verzeiht er vieles. Ein normaler Autofahrer, selbst ein sportiver, wird wohl niemals nur annähernd in den Grenzbereich des fantastisch ausbalancierten Turbos kommen. Ich auch nicht, obwohl ich mich so fühle, als sei ich auf der letzten Rille gefahren.
Nun ändert sich mein Gefühl allerdings schlagartig, denn ich rutsche rüber auf den Hot Seat und „der Walter“ übernimmt das Steuer. Kurze Begrüßung und dann stecken wir auch schon mitten drin in der ersten Kurve. Im SportPlus-Modus fangen die 520 PS des 3,8 Liter Boxermotors nun richtig an zu schreien. Dazu bekommt das Wort „Querbeschleunigung“ eine ganz neue Definition in meinem Leben. Bei den überhöhten Kurven bewegen wir uns in einer Art Gleitflug über die Strecke. Und dann passiert das, was man normalerweise nicht erzählen kann. Das Handy von Walter Röhrl vermeldet eine eingegangene sms. Ok denke ich, das ist ja noch normal. Allerdings, während ich mich mit einer Hand am Türgriff festkralle und versuche die Fliehkräfte mit meinem Körper auszusteuern, zieht Walter sein Handy, kurzer Blick „Ah der ist’s“ höre ich und zack, stecken wir in der nächsten Kurvenkombination und mich wirft es in die andere Ecke. Zum Glück bieten die Sitze diesen exorbitanten Seitenhalt, sonst würde ich wie ein Flummi durch eine Turnhalle fliegen. Gleichzeitig fühle ich mich durch die Kombination Porsche + Walter Röhrl so sicher wie selten zuvor in meinem Leben.
„So, das war die Einführungsrunde, nun geben wir mal richtig Gas“, sagt der Walter und lächelt dabei zu mir rüber. Ich nicke, sprechen geht im Moment schlecht, als wir mit knapp 280 Sachen über die Gerade bügeln und die kommende Kurve näher rückt. Walter fährt ganz links außen, bremst den Turbo mit seinen auf 380 mm gestiegenen Bremsscheibendurchmesser zusammen und lässt ihn zart übersteuernd durch die Kurve gleiten. Ohne hektische Lenk- oder Bremsmanöver. Unglaublich. Bei mir wirkte der Turbo wie ein wildes Tier, bei ihm eher wie ein dressierter Gepard. Unser Turn neigt sich dem Ende zu. Wer dieses Gefühl selbst erleben möchte, benötigt 162.055 Euro für den Turbo oder 195.256 Euro für die 580 PS starke Turbo S Version. Viel Geld, dafür gibt es aber auch viel Auto und einen besseren Werterhalt, als bei vergleichbaren Supersportwagen. Ein Porsche Turbo ist halt auch als Gebrauchtwagen noch beliebt und glänzt mit seiner Materialqualität. Im Auto, wir bewegen den „normalen“ Turbo, verrät mir Walter Röhrl „I merk koan Unterschied zum S“, so fällt mir die Kaufentscheidung leichter, sofern ich am Samstag die sechs richtigen Zahlen notiert habe.
Danke Walter. Danke Porsche.
Text: Bernd Schweickard
Foto: Bernd Schweickard
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