Poloturniere gehörten bis jetzt nicht zu unserem Repertoire, auch wenn diese schnellste nicht motorisierte Sportart einiges an Faszination bietet. Bisher beschränkten wir uns doch auf maschinelle Pferdestärken. Dies sollte sich zum kommenden Wochenende ändern, als uns ein Anruf der Presseagentur von McLaren erreichte.
„Sagt mal, hättet Ihr nicht Interesse an einem Luxus-Wochenende, inklusive Ausfahrt im 600 PS starken McLaren MP4-12C?“.
Nun gut, ohne jede weitere Überlegung sagen wir mal zu. Es gibt Momente im Leben, in denen man einfach mal spontan sein muss. Dies ist so einer. Zuhause wird es die Familie schon verstehen, wenn wir an diesem Wochenende nicht in den Baumarkt fahren, weil Dadi ein McLaren fahren „muss“.
Polo ist der älteste Teamsport der Welt und der Fürstenberg Polo Cup gehört zu den Premium Events dieser Sportart in Deutschland. Erstmals engagiert sich der englische Traditionsrennstall aus Woking bei einem solchen Turnier und steuert in Summe rund 3000 PS bei.
Uns genügen die 600 PS eines einzelnen McLaren. Von den insgesamt 5 mitgebrachten Fahrzeugen, stehen zwei für geladene Gäste zur Verfügung. Einem dürfen wir uns nun nähern. Unser Testwagen ist in dem stylischen McLaren-orange lackiert. Erste Frage, wie komme ich elegant hinein? Frank Steffling von der McLaren Presse-Agentur macht es vor und wir versuchen es ähnlich sportiv. Für einen Erstversuch sah es nicht mal schlecht aus, wobei wir noch üben müssen, um elegant ins Karbon-Monocoque zu kommen.
Kurze Einweisung, dann gibt Frank das Kommando zum Roll out. Leider sehe ich keinen geteerten Weg, klar, wir stehen auf der Polowiese. „Fahr ruhig quer über die Wiese, das geht problemlos“. Gesagt getan, auch wenn es sonderbar erscheint, mit einem Fahrzeug der Supersportwagenkategorie im langsamen Tempi über eine Wiese zu hoppeln, aber der MP4-12C besteht auch diesen „SUV-Test“ völlig problemlos.
Endlich, schwarzer Asphalt unter unseren breiten 305/25ZR21 Hinterrad-Pneus. Die 7-Gang Automatik mit dem Doppelkupplungsgetriebe schaltet bei verstärktem Gasfußeinsatz blitzschnell und samtweich die Gänge durch. Nach nur zweimal Ein- und Ausatmen liegt bereits Tempo 200 an, in nackten Zahlen 3,3 Sek. für den Spurt auf 100 km/h und eine Spitze von 330 km/h.
Wir haben die Autobahn erreicht und zum Glück eine freie und unlimitierte Strecke. Nicht das man es missverstehen kann, der Mclaren hat im Normalmodus schon einen klasse Sound, der Motor dreht freudig hoch, alles absolut Sportwagen-Like. Allerdings will noch kein richtiges „Race-Feeling“ aufkommen, zumal auch im Innenraum alles sehr hochwertig ausgestattet und wir in keiner nackten Karbon-Schale sitzen. Additional ergänzt durch den Fahreindruck, denn der MP4-12C ist im Normalmodus so leicht zu handeln wie ein sportiver VW Golf, exzellent von den McLaren Technikern für den Alltag abgestimmt.
„Wollen wir mal in den „Track-Modus“ schalten?“, fragt mich Frank. Klar wollen wir, deshalb sind wir hier und sitzen in einem Fahrzeug, dessen Erbauer nicht weniger als 8 Formel 1 Konstrukteurs- und 12 Fahrer-Weltmeisterschaften gewonnen hat.
Frank dreht am Knopf, ich umklammere das Lenkrad und was nun passiert, ist mit dem offiziellen deutschen Wortschatz der im Duden aufgeführt ist, nicht zu beschreiben.
Dieser kleine Schalter verändert das ganze Fahrzeug in einem Ausmaß, wie wir dies selten zuvor erlebt haben. Die Geräuschkulisse wechselt von Laut zu Inferno und aus schneller Beschleunigung wird „Warp 5“.
Runter von der Autobahn und rauf auf eine Landstraße die einer Berg- und Talbahn gleichkommt. Abwechselnd haben wir lange Geraden, menschenleer, die durch ein Wiesengebiet führen, in Abwechslung mit langgezogen Kurvenradien und engen S-Kurven, die wir mental in „Senna-S“ umtaufen. Der McLaren folgt exakt unseren Befehlen, wenn auch die Lenkung für einen Supersportler uns als etwas zu leicht vorkommt. Dies müsse aber so sein, lernen wir, der Lewis und der Jenson haben das so abgestimmt. Wenn man mit dem MP4-12C mit 300 auf eine Kurve zufährt, lässt er sich so besser und überaus exakt anstellen. Ach so, ok, das war uns nicht klar und passiert und auch relativ selten auf dem Weg ins Büro. Aber schön zu wissen das solche Fahrmanöver mit dem McLaren möglich sind.
Kurz vor dem imaginären Ziel unserer Ausfahrt, geht es noch mal auf eine 180 Grad Kehre zu. Wir testen die optionalen Karbon-Bremsen und treten fest zu. So bremsen wir in der Hoffnung, das der Wagen hinter uns auch gute Bremsen hat. Sehen können wir nichts, die „Windbrake“ fährt aus und verdeckt den Blick nach hinten.
Der McLaren MP4-12C ist das ideale Gefährt für Racer, denen ein Audi R8 zu gewöhnlich und ein Ferrari zu extrovertiert ist.
Auf der Polowiese passierte unterdessen auch einiges.
Das Erbprinzenpaar Jeannette und Christian zu Fürstenberg sowie die Spieler Harald Link, Agustín Kronhaus und Martin Podest stellen das Team McLaren, müssen sich aber dem Team Berenberg Bank geschlagen geben. Wie im Vorjahr kann dieses Team erneut den Sieg für sich verbuchen. Auf der Straße ändert sich dies wieder. Hier steht klar der McLaren MP4-12C oben auf dem Siegerpodest.
Text: Bernd Schweickard
(c) Foto: Jens Scheibel